Keine Zeit verschenken – jetzt schon an die Rente denken!“ Der Slogan der gemeinsamen Kampagne der Abteilung für Chancengleichheit und des Beirats für Gleichstellungsfragen der Landeshauptstadt Stuttgart sowie der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg (DRV BW) gibt die Richtung vor. Ein Weckruf in der Metropolregion an die Frauen aller Altersklassen, ihre Altersvorsorge aktiv anzugehen, um finanzielle Unabhängigkeit im Alter zu erreichen. Denn Frauen erhalten im Durchschnitt über ein Viertel weniger gesetzliche Rente als Männer. 2022 lag die durchschnittliche Brutto-Altersrente nach mindestens 35 Versicherungsjahren in Baden-Württemberg für Frauen bei 1.293 Euro (Männer 1.830 Euro). Aber immer noch erreicht nur ein Drittel der Frauen diese Anzahl an Jahren.
Die Herausforderungen
Oft unterbrechen oder reduzieren Frauen ihre Erwerbstätigkeit wegen der Kindererziehung oder Pflege von Angehörigen. Anrechenbare Zeiten werden von ihnen nicht an die gesetzliche Rentenversicherung (gRV) gemeldet. Auch moderne Arbeitsformen, bei denen Frauen ihre Arbeitszeit zugunsten ihrer Work-Life-Balance verringern, nehmen zu. Häufig verdienen Arbeitnehmerinnen weniger als ihre männlichen Kollegen. Daher sind ihre Beiträge an die gRV und folglich auch ihre Renten geringer.
Bettina Fischler vom Beratungszentrum der DRV BW in Stuttgart kennt diese Herausforderungen für Frauen aus ihrem Arbeitsalltag: „Rente und Altersvorsorge sind nicht kompliziert. Wichtig ist zu wissen, welche Möglichkeiten es gibt, und die eigene Altersvorsorge in die Hand zu nehmen.“ Keine Zeit verschenken gilt für alle Frauen. An der Stuttgarter Universität Hohenheim beobachtet Rotraud Konca, Referentin im Büro für Gleichstellung und Diversität, seit Jahren eine wachsende Zahl promovierter Teilzeit-Akademikerinnen: „Nach der Familiengründung bleiben diese Frauen erst mal eine Zeit daheim. Danach springen sie als Teilzeitkraft von einer befristeten Projektstelle an der Uni in die nächste. In der freien Wirtschaft bewerben sich wenige. Der Hauptverdienst kommt aus der Vollzeitbeschäftigung des Partners oder der Partnerin.“
Nicht nur die persönlichen Rahmenbedingungen spielen eine Rolle. Selbst wenn politisch viele Weichen für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf gestellt wurden, brauchen passgenaue Betreuungsangebote auch Fachkräfte – und die sind zunehmend Mangelware. „Bei der Entscheidung für ein bestimmtes Arbeitszeitmodell macht sich kaum jemand Gedanken darüber, was das für die eigene Rente bedeutet“, weiß Kirsten Plew von der Abteilung für Chancengleichheit der Landeshauptstadt: „Das Thema Altersarmut von Frauen und deren Ursachen erfordert seit Jahren unsere Aufmerksamkeit.“
Die Idee
Daraus entstand in einer Arbeitsgruppe des Beirats die Idee einer Kampagne, um Frauen aller Altersstufen für das Thema Rente zu sensibilisieren. „2022 starteten wir erfolgreich ins erste Kampagnenjahr mit dem Vortrag von Helma Sick, Autorin des Buches ‚Ein Mann ist keine Altersvorsorge. Warum finanzielle Unabhängigkeit für Frauen so wichtig ist‘“, erinnert sich Kirsten Plew. Mit der DRV BW zusammen wurde die Kampagne weiterentwickelt: sensibilisieren, informieren und beraten. Botschaften brauchen Zeit, bis sie durchsickern. „Wir planen noch weitere Aktionen, um Frauen zum Handeln
zu animieren“, sagt Plew.
„Wie soll Life ohne Work bezahlt werden?“
Rotraud Konca, Referentin im Büro für Gleichstellung und Diversität an der Universität Hohenheim
Die Chancen
„Nicht wenige Frauen haben völlig falsche Vorstellungen von ihrer späteren Rentenhöhe“, stellt Konca fest. Sie bietet Beratung, Information und Unterstützung für Frauen zur Vermeidung von Nachteilen. Dazu gehört es auch, angehende und fertige Akademikerinnen auf dem Campus für das Thema Altersvorsorge zu sensibilisieren. Immer wieder stellt sie fest: „Viele wissen nicht, dass die Klärung des Versicherungskontos bei der DRV wichtig ist. Lücken im Versicherungsverlauf stehen für fehlende Beiträge, und jeder Beitrag erhöht die Rentenansprüche.“ Bettina Fischler betont, dass ein geklärtes Versicherungskonto die Grundlage für die Beratung zur zusätzlichen Altersvorsorge ist. Generell begegnet man im Alltag häufig zwei Mythen: Erstens sei es unwahrscheinlich, dass es im Alter noch eine gesetzliche Rente geben werde, und zweitens sei die private Altersvorsorge zu teuer. „Damit räumen wir in Hohenheim gemeinsam mit der DRV BW auf und bieten Termine zur Rentenberatung sowie Intensivgespräche zur Altersvorsorge an. Angebote, die glücklicherweise sehr gut angenommen werden und regelmäßig für einen richtigen Aha-Effekt bei den Frauen sorgen.“