Über die Grenze

 

Der eine reist als ungarischer Musiker kreuz und quer durch Europa. Der andere überquert jeden Tag die deutschschweizerische Grenze, um in einer Rehaklinik zu arbeiten. Und wieder ein anderer baut Bankenrepräsentanzen fern der eigenen Heimat auf. Drei Männer, drei Berufungen, drei Leben, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Und doch haben diese drei Männer etwas gemeinsam: Sie alle verlassen ihre Heimat und überqueren Landesgrenzen, um in anderen Staaten zu arbeiten. Sie alle zahlen Steuern und Beiträge für die Sozialversicherung im jeweiligen Land. Dabei profitieren deutsche wie zugewanderte Versicherte von europäischen Verträgen und den zweiseitigen Sozialversicherungsabkommen, die die Bundesrepublik Deutschland mit derzeit 23 anderen Staaten zum sozialen Schutz von Versicherten und ihren Hinterbliebenen geschlossen hat. Demnach gilt: Ein Arbeitnehmer erhält Rente aus jedem Land – gemessen an der Zeit, in der er dort in die Rentenkasse eingezahlt hat. Die in den beteiligten Staaten zurückgelegten Versicherungszeiten werden zusammengerechnet, wodurch Zu- und Abwanderer einen Rentenanspruch erlangen können.

... in Spanien

Name: Berto Nuvoloni
Alter: 60
Rente international: Nuvoloni zahlte in Spanien 14 Jahre lang Beiträge, dazu 30 Jahre lang in Deutschland. Seine Rente bezieht er nun aus beiden Ländern.

Von einem Job im Ausland hatte Berto Nuvoloni schon immer geträumt. Als Italiener in Köln geboren, hatte er Abitur und eine Banklehre gemacht. Später studierte er, heute spricht er fünf Sprachen: „Italienisch, Deutsch, Spanisch, Englisch und ein bisschen Französisch“, sagt der 60-Jährige. 1987 ging er zur WestLB nach Düsseldorf. Die Vorgesetzten erkannten sein Sprachtalent und machten ihm ein Angebot: eine Repräsentanz der Landesbank in Mailand und Madrid mit aufzubauen. Seit 1989 arbeitet er nun für die WestLB in Madrid, 2003 stieg er zum Niederlassungsleiter auf, heute ist er freigestellt. Immer besaß er einen deutschen Arbeitsvertrag und zahlte in die deutsche Rentenversicherung ein, später in die spanische, dann wieder in die deutsche. Wenn er 2022 in den Ruhestand geht, bezieht er Renten aus beiden Ländern. Da die deutschen Rentenbeiträge deutlich höher sind, wird auch seine deutsche Rente höher ausfallen. Glücklicherweise sei das deutsche System auch sehr transparent – ganz anders als das in seinen Augen häufig schwerer durchschaubare spanische System: „Ich werde auch im Ausland super beraten, es gibt eine Gratis-Hotline, Rentenberatungstage vor Ort in Madrid, und mir ist immer klar, wie viel Rente ich später erhalte.“

... in der Schweiz

Name: Thomas Braatz
Alter: 64
Rente international: Gut 20 Jahre Einzahlungen in Deutschland als Fachlehrer und Soldat. Seit 1995 in der Schweiz in einer Rehaklinik tätig.

Thomas Braatz ist ein Grenzgänger. Jeden Morgen um 6:45 Uhr verlässt der 64-Jährige Deutsche sein Haus in Laufenburg, einer Kleinstadt am deutschen Hochrhein, direkt an der Grenze zur Schweiz, und setzt sich in sein Auto. 25 Minuten und rund 20 Kilometer braucht er zur Arbeit. Er überquert den Rhein, fährt hinüber in die Schweiz, bis zur Rehaklinik Bad Zurzach. Seit 1995 arbeitet er in der Schweiz, erst als Gastdozent für einen Berufsverband, heute als Leiter der Physikalischen Therapie der Rehaklinik. Weil er in der Schweiz arbeitet, ist er Teil des dortigen Sozialversicherungssystems. Früher hatte er gut 20 Jahre Beiträge an die Deutsche Rentenversicherung abgeführt. Seit er in der Schweiz arbeitet, zahlt er im Nachbarland ein. Dennoch: Wenn er nächstes Jahr in den Ruhestand geht, bekommt Braatz Rente aus beiden Ländern. „So bin ich später gut abgesichert“, sagt er, „und kann mir mit meiner Frau auch mal längere Urlaube gönnen.“

... in Ungarn

Name: Tibor Tánczos
Alter: 62
Rente international: Mit seiner Band zog der Musiker fast 25 Jahre lang durch Europa. Deshalb wird er seine deutsche Rente auch in Ungarn beziehen.

Tibor Tánczos überquerte 1982 zum ersten Mal die Grenze nach Deutschland. Das Leben in Ungarn war zu hart gworden: „Wir waren sehr arm, wir hatten keine Chance auf ein besseres Leben.“ In Deutschland sollte alles besser werden, Jobs, Geld, soziale Absicherung. Tánczos gründete mit seiner Frau und einem Freund die Band „Dancers“. Das Trio zog durch halb Europa, nie blieben sie lange in einer Stadt. Mal spielten sie deutsche Schlager, mal Hits aus den Charts, mal ruhige Lieder. Ihre Musik schallte durch Straßen, Einkaufszentren, Hotels, Restaurants und Bars, fast 25 Jahre lang. 25 Jahre, in denen Tánczos irgendwann auch in Deutschland eine Sozialversicherungsnummer bekam und in das Rentensystem einzahlte. Heute lebt und arbeitet Tánczos wieder in seiner Heimat Ungarn. In zwei Jahren kann der 62-Jährige in den Ruhestand gehen und Rente beantragen – auch bei der Deutschen Rentenversicherung. Darauf hatte ihn die ungarische Sozialversicherung aufmerksam gemacht. „Das ist eine gute Sache“, stellt Tánczos fest, „das wird mir im Alter helfen.“

Die Sozialversicherungsabkommen auf der
Website der Deutschen Rentenversicherung