Sebastian Lacher mit seiner Familie vor dem Seto-Binnenmeer in Japan.
Sebastian Lacher mit seiner Familie vor dem Seto-Binnenmeer in Japan.



Wertvolle Auslandsjahre


Aufgewachsen im ländlichen Mittelfranken, war ich zunächst sehr darauf fokussiert, einen geradlinigen Weg ins Berufsleben zu finden. Dieser Vorsatz war vergessen, als ich im dritten Jahr meines Ingenieurstudiums die Zusage für eine Summer-School in den USA bekam. Die Erfahrungen, die ich in diesen drei Monaten mit 40 anderen Studenten aus aller Welt sammeln durfte, waren für mich prägender als alle Studienjahre vorher.

Wenn derzeit viel über Integration gesprochen wird, dann blicken die meisten aus der Sicht der Deutschen darauf. Was das für einen Ausländer bedeutet, wird erst klar, wenn man sich selbst woanders integrieren muss. Dann fällt auf, wie lang der Weg ist, bevor man in einer fremden Kultur ankommt.
 

»Ich musste rund um die Uhr für mein Team zur Verfügung stehen.«

Sebastian Lacher, Ingenieur und Versicherter bei der Deutschen Rentenversicherung Braunschweig-Hannover
 


Ich promovierte an der University of Tokyo in Japan, anschließend ging ich zwei Jahre als sogenannter „PostDoc“ an die Seoul National University in Südkorea – Jahre, die sehr wertvoll für meine spätere Karriere werden sollten. Damals war das Land gerade dabei, mit Samsung, LG und anderen großen Firmen die Welt zu erobern. Die Erfahrungen dort beeinflussten aber nicht nur mein berufliches, sondern auch mein privates Leben: Ich lernte dort meine Frau kennen.
 

Arbeit und Familie sind vermischt

Weil meine Auslandserfahrungen in Asien gut ankamen, befanden sich die Stellen, die mir danach angeboten wurden, erneut in Fernost. Ich entschied mich, bei Bosch in Japan einzusteigen. Japan und Südkorea haben viele Gemeinsamkeiten: eine auf Status und Ranking ausgelegte Gesellschaft. Arbeit und Familie sind oft eng vermischt.

Die Anwesenheitskultur war ein wichtiger Faktor, um die Arbeitskollegen zu einer familiären Gemeinschaft zusammenzuschweißen. Sowohl in Japan als auch Korea waren Arbeitszeiten von 9 bis 23 Uhr die Regel – auch samstags. Viele Studenten besuchten sogar sonntags die Labore. Dabei kam es vor allem darauf an, für die Vorgesetzten immer ansprechbar und einsatzbereit zu sein. Als ich ins Management wechselte, musste ich natürlich auch rund um die Uhr für mein Team zur Verfügung stehen. Zwar folgte ich weiterhin normalen Arbeitszeiten, aber Telefongespräche wurden auch mal kurz vor Mitternacht geführt. Eines Tages wurde ich von der Bitte eines Mitarbeiters überrascht. Er fragte mich, ob ich ihm nicht bei der Suche nach einer Partnerin behilflich sein könne. Da einer meiner Kollegen eine relativ gute Übersicht über Singles in der Firma hatte, konnte ich behilflich sein.

Internationale Vielfalt ist in Japan und Südkorea wenig verbreitet. In beiden Ländern ist der Ausländeranteil sehr gering. Englisch wird zwar in der Schule gelehrt, aber kaum angewendet. Mein erstes Jahr war deshalb aufregend und steinig zugleich. Zum einen hatte ich unglaublich Freude daran, diese für mich fremde Kultur zu entdecken.

Zum anderen erlebte ich aber auch direkt, was es heißt, Ausländer in einer sonst sehr homogenen Gesellschaft zu sein. Die Schrift nicht lesen zu können, birgt größere Probleme – Taxifahrten und Restaurantbesuche waren oft Glückssache.

Generell erhielt ich viel Unterstützung, die Menschen in beiden Ländern sind sehr hilfreich und zuvorkommend. Vor allem in Japan ist rücksichtsvolle Höflichkeit sehr ausgeprägt. Bei Erkältungen ist es deshalb ganz normal, medizinische Masken zu tragen, um die Mitmenschen vor Ansteckung zu schützen.

Bei allen Ähnlichkeiten zwischen Japan und Südkorea stellen sich beim tieferen Eintauchen doch deutliche Unterschiede heraus. Meine koreanischen Kollegen verglichen Japan und Korea öfters mit Deutschland und Italien. In Korea herrscht mehr Spontanität und Geselligkeit: Während es in Japan normal ist, alleine zu essen, waren meine koreanischen Kollegen immer darauf bedacht, mich zu begleiten. Mit meinen japanischen Freunden musste ich bis spätestens Mittwoch einen Plan für das Wochenende ausmachen. In Korea konnte ich frühestens am Freitag Aktivitäten für das Wochenende verabreden. Das vorher Abgemachte war oft nicht viel wert.

Bei meiner Berufswahl war mir eine deutsche Firma mit guter internationaler Aufstellung wichtig. Denn eines hat mich meine Zeit im Ausland gelehrt: Wer verschiedene Kulturen kennenlernt, kann besser differenzieren, weitet seinen Horizont und sieht Möglichkeiten, die andere nicht sehen.

Im Februar 2019 war es so weit: Nach zwölf Jahren und im Alter von 36 Jahren kehrte ich wieder nach Deutschland zurück. Was ich heute besonders zu schätzen weiß: die deutliche Trennung zwischen Beruf und Privatleben. Zeit für die eigene Familie ist durch nichts zu ersetzen.
 

...Rentenzeiten im Ausland

Die Deutsche Rentenversicherung Braunschweig-Hannover betreut Versicherte, die auch in Japan, Korea und den Philippinen gearbeitet haben. Mit allen drei Ländern besteht ein bilaterales Sozialversicherungsabkommen.