Nach der akuten Infektion lässt das Post-COVID-Syndrom viele Betroffene nicht vom Haken. So vielfältig die Beschwerden, so verheerend die Folgen: Die eigentlich Genesenen sind Wochen oder monatelang arbeitsunfähig, können weder Sport machen noch ausdauernd Treppen steigen. Der Wunsch zurück in ein Leben ohne Einschränkungen wird zudem oft begleitet von Unverständnis im sozialen Umfeld. Mit Sätzen wie „Geh doch mal früher schlafen, wenn du so k.o. bist“, wurde auch Franz Quirin Junker seit seiner Erkrankung vor zweieinhalb Jahren mehrfach konfrontiert.
Der 61-Jährige ist als Post-COVID-Patient in die Rehabilitationsklinik der Deutschen Rentenversicherung Westfalen gekommen. Bereits zum zweiten Mal, denn seinen ersten Aufenthalt im Januar 2024 musste er wegen einer dritten COVID-19-Infektion abbrechen. „Alle Fortschritte von zwei Wochen Reha waren wieder dahin“, erinnert er sich. Nun startete er einen neuen Versuch. Dass Junker dafür in die Klinik Königsfeld zurückkehrte, war für ihn keine Frage: „Ich fühle mich hier bestens betreut.“
Im November 2021 wird er das erste Mal positiv getestet. Die Infektion verläuft schwer, mit ausgeprägter Atemnot. „Nachdem ich wieder negativ war, wurde es ein wenig besser, aber so richtig fit bin ich nicht geworden“, erinnert er sich. Fahrrad fahren kann er nicht, die Runde mit seinem Hund ist eine tägliche Herausforderung. Trotzdem geht er arbeiten. Als Abteilungsleiter des Empfangs einer Klinik in Aachen möchte er vor Ort sein. Im Krankenhaus braucht die Pandemie jeden. Es ist ein täglicher Kampf gegen die Erschöpfung.
Diesen Kampf kämpft Junker jetzt nicht mehr allein. Die Klinik Königsfeld unterstützt ihn mit einem speziellen Rehabilitationsprogramm für Post-COVID. „Aus den verfügbaren wissenschaftlichen Daten zum Post-COVID-Syndrom und symptomatisch ähnlichen Krankheitsbildern wie dem Chronic-Fatigue-Syndrom haben wir ein multimodales Therapieprogramm entwickelt, das je nach Beschwerdesymptomatik des Patienten individuell zusammengestellt wird“, erklärt der Ärztliche Direktor Prof. Dr. med. Frank C. Mooren. Die Symptome können dabei sehr variabel sein, von Einschränkungen der Leistungsfähigkeit bis zur völligen Erschöpfungssymptomatik, von Konzentrationsschwäche über Kopfschmerzen bis zu Depressionen und Angstzuständen, von Husten bis hin zu Kurzatmigkeit und Ruhe- oder Belastungsluftnot.
Um weitere Erkenntnisse zu erlangen, begleitet die Klinik ihre Patientinnen und Patienten durch eine eigene Forschungsabteilung: „Wir führen ein intensives Aufnahmegespräch und können vielen anbieten, an einer unserer wissenschaftlichen Studien teilzunehmen“, sagt Dr.Boris Schmitz, Leiter der Forschungsabteilung. Das gezielte Forschen ermögliche eine engmaschige Betreuung und viele neue Verfahren, zusätzlich zum normalen Reha-Programm. Die Symptome von Post-COVID sind zwar vielfältig, haben aber eines gemein: „Das objektive Messen ist schwierig, da organisch oft keine Beeinträchtigungen vorliegen“, erklärt Mooren. Die Betroffenen empfinden es subjektiv oft anders. Genauso wie Junker, der sich beim Lungenfacharzt durchchecken ließ. „Meine Werte waren in Ordnung, angefühlt hat es sich so aber nicht.“
„Das Therapieprogramm wird individuell zusammengestellt.“
Prof. Frank C. Mooren,Ärztlicher Direktor der Klinik Königsfeld
Ein langer Prozess bis zur Reha
Erst als die Betriebsärztin nach einigen Monaten und einer weiteren Corona-Infektion eine Reha für Post-COVID vorschlägt, denkt er ernsthaft darüber nach. „Es war ein langer innerer Prozess, bis ich so weit war den Weg in die Reha zu gehen“, sagt er. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er bereits vieles aufgegeben, etwa die Abteilungsleitung und sein Engagement in der Mitarbeitervertretung. „Ich hatte mittlerweile zwei Enkelkinder bekommen. Alles ging nicht, da habe ich meine Energie lieber für die Familie gespart.“ Nach zwei Kreislaufzusammenbrüchen und anhaltender Erschöpfung mit Atemnot entscheidet er sich im Herbst 2023 für die Reha in der Klinik Königsfeld.
Neben einem hohen Leidensdruck bringt Junker neue Laufschuhe und ein klares Ziel mit zur Reha: „Ich möchte wieder joggen gehen und wie früher an Firmenläufen teilnehmen.“ Um noch bessere Erfolge zu erzielen, entscheidet er sich für die freiwillige Studienteilnahme während seines vierwöchigen Aufenthaltes. „Die Ergebnisse unserer Forschung können wir direkt unseren Patientinnen und Patienten zugute kommen lassen, solange sie noch bei uns in der Klinik sind“, betont Schmitz.
Die Therapie beginnt zunächst moderat, sodass die Erkrankten sich nicht überfordern. Für den sportlichen Junker eine Herausforderung: „Ich hatte mir hohe Ziele gesteckt und war geschockt, als ich mit Hockergymnastik starten sollte“, erinnert sich der 61-Jährige. „Da wurde richtig gearbeitet, und ich merkte schnell, wo meine Grenzen sind.“ Mittlerweile gehören Ausdauertraining, Atemmuskeltraining und Entspannungstechniken zu seinem Tagesablauf. Außerdem hat er mithilfe der Ernährungsberatung seit Januar zwölf Kilo abgenommen. Er fühle sich dadurch deutlich fitter, sagt er.
Neben der körperlichen gibt es auch für die psychische Gesundheit ein Angebot der Klinik. Der Austausch in Gesprächsgruppen fördere die Akzeptanz des eigenen gesundheitlichen Zustands, stellt René Garbsch, Doktorand an der Klinik Könisgfeld, fest: „Wichtig ist vor allem die Erkenntnis: Es liegt nicht an mir. Es ist das Krankheitsbild.“ Nach der Reha wird Junker durch die Forschungsabteilung weiter betreut. „Wir möchten wissen, wie gut der Effekt über die Reha hinaus ist“, betont Schmitz, „und wir können auch weiter unterstützen, um die Betroffenen wieder in ihr Leben zu bringen.“
Franz Quirin Junker möchte viele Angebote der Klinik in seinen Alltag integrieren. „Auch wenn ich meine Laufschuhe bisher nur beim Sporttraining angehabt habe – ich kann wieder spazieren gehen und Ausflüge unternehmen“, sagt er. Angesichts dieser hohen Motivation sieht Professor Mooren gute Chancen, dass Junker bald mit seinen Laufschuhen wieder eine Runde joggen wird.
Die Klink Königsfeld ist eine Rehaklinik der Deutschen Rentenversicherung Westfalen mit Fokus auf Herz-, Kreislauf und Gefäß- sowie orthopädische Erkrankungen und Post-COVID. Die Klinik verfügt über 193 Einzelzimmer und beschäftigt 154 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Mehr Infos unter:
www.klinik-koenigsfeld.de