Dirk Müller mit Leib und Seele bei der Arbeit.



Mut zum Neustart

 

Dirk Müller, blonde Haare und schlanke Statur, reicht der jungen Frau lächelnd ein Dinkel-Kastenbrot über den Tresen: „Das macht 6,40 Euro.“ Wenn der 51-Jährige in einem Biomarkt in Hamburg-Barmbek an der Backwarentheke die Kunden bedient, sieht ihm niemand an, dass er erwerbsgemindert ist und eine schwere Zeit hinter sich hat. Trotz gesundheitlicher Rückschläge fand er die Kraft und den Mut, noch einmal neu anzufangen. So wie Dirk Müller, der in Wahrheit anders heißt, geht es Millionen anderen auch. Eines Tages geschieht etwas Unvorhergesehenes, etwas Verhängnisvolles. Manchmal kommt es schleichend, wie eine lange Krankheit, manchmal jäh und aus dem Nichts wie ein Verkehrsunfall. Droht dadurch der Verlust der Erwerbsfähigkeit, hilft eine Institution, die viele vor allem mit der Altersvorsorge verbinden: die Deutsche Rentenversicherung. Sie bietet Menschen in Krisen ein breites Spektrum an Unterstützung. So finanziert sie neben der medizinischen auch die berufliche Rehabilitation, die unter den Fachbegriff „Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben“ (LTA) fällt. „Die Deutsche Rentenversicherung ist ein verlässlicher Partner, um mit weitreichenden Hilfen eine Rückkehr ins Erwerbsleben zu ermöglichen“, sagt Thomas Trinks, Reha Berater der Deutschen Rentenversicherung Bund. „Ob eine medizinische Reha oder eine berufliche Umorientierung, wir sind vor Ort präsent und kümmern uns.“ Sei eine Rückkehr ins Erwerbsleben nicht oder nur zum Teil möglich, werde der Lebensunterhalt mit Erwerbsminderungsrenten abgesichert.

5,3 Milliarden Euro hat die Deutsche Rentenver­sicherung in 2020 für medizinische Rehabili­tation ausgegeben.

DER VERUNGLÜCKTE

Bei Dirk Müller ist genau das der Fall. Aufgrund einer psychischen Beeinträchtigung ist er schwerbehindert und bezieht wegen teilweiser Erwerbsminderung eine Rente. Sie ermöglicht ihm, in Teilzeit in einem Biomarkt zu arbeiten, zurzeit sind es täglich vier Stunden. Als ausgebildeter Großhandelskaufmann konnte Müller zuvor im Arbeitsleben nie richtig Tritt fassen. „Ich war den beruflichen Anforderungen und dem Stress einfach nicht gewachsen“, erzählt er. Seine verminderte Leistungsfähigkeit führt er auf einen Fahrradunfall zurück. Auf dem Fußgängerstreifen an einer Ampel wurde er von einem Lkw erfasst und schwer verletzt. Er erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma und lag drei Wochen im Koma. Damals war er elf Jahre alt. Als Erwachsener ist er seit 1993 in psychiatrischer und psychotherapeutischer Behandlung und war oft und über lange Zeit krank- geschrieben: „Burnout, Depressionen und Panikattacken waren in den vergangenen 40 Jahren meine ständigen Begleiter.“ 2015 geriet er in eine akute Krise und wurde in die geschlossene Psychiatrie eingeliefert. Doch Dirk Müller gab sich nicht auf. In den folgenden Jahren kämpfte er sich Schritt für Schritt zurück ins Berufs- und Alltagsleben.

Portrait von Lars Freese

„Ohne die Reha hätte ich den Sprung ins normale Leben nicht geschafft."

Dirk Müller, Verkäufer im Biomarkt

 

Dirk Müller berät gern Kunden in dem
Biomarkt, in dem er halbtags arbeitet.

Eine längere Reha in einer Einrichtung für Menschen mit psychischer Erkrankung brachte die erhoffte Wende. Neben psychotherapeutischen Gesprächen waren alltägliche Tätigkeiten wie Einkaufen, Kochen und Putzen ein wichtiger Teil der Therapie, wie auch handwerkliches Arbeiten. Besonders gern mochte er das Gärtnern und sportliche Betätigung wie Schwimmen und Nordic Walking. Nach dem Reha-Aufenthalt konnte er mithilfe der gemeinnützigen Hamburger Arbeitsassistenz ein Praktikum in einem Biomarkt machen. Anschließend bewarb er sich erfolgreich um eine reguläre Teilzeitstelle. „Ohne die Reha hätte ich den Sprung ins normale Leben nicht geschafft. Der Aufenthalt war immens wichtig zur Vorbereitung auf das spätere Berufsleben.“ Seit zwei Jahren arbeitet er nun als Biomarkt-Verkäufer. Und es läuft richtig gut, freut er sich: „Mit 50 habe ich endlich den Beruf gefunden, der zu mir passt und mich erfüllt.“ Morgens bestückt er die Auslage mit Obst und Gemüse, tagsüber räumt er Ware ins Regal, hält Ordnung im Lager und schreibt abgelaufene oder mangelhafte Lebensmittel ab. Nebenbei übernimmt er die Pausenvertretung an der Kasse oder an der Backwarentheke. „Ich kann mehr als Brot verkaufen. Ich kann auch beraten.“ Er wisse auch über Kosmetik gut Bescheid und könne Tipps zu veganer oder vegetarischer Ernährung geben.Wenn ihm die Hektik des Berufsalltags zu viel wird, macht er öfters eine Pause oder geht an die frische Luft. „Meine Kollegen und Vorgesetzten wissen von meiner Krankheit“, erzählt er. „Alle sind verständnisvoll und gestehen mir den Freiraum zu, den ich brauche. Der Job gibt mir neuen Lebensmut. Hier bin ich so richtig aufgeblüht.“ Noch vor wenigen Jahren schien das undenkbar.

DIE ATEMLOSE

Elke Kirsten, Physiotherapeutin

Eine Post-COVID-Reha gab Elke Kirsten die Kraft, wieder zu arbeiten.

Auch Elke Kirsten kann ihren Beruf aufgrund einer Krankheit nur eingeschränkt ausüben. Kirsten ist in der Knappschafts-Klinik Bad Neuenahr im Ahrtal (Rheinland-Pfalz) in der Leitung der Physiotherapie tätig. Im Dezember 2020 war die heute 63-Jährige positiv auf das Coronavirus getestet worden. Angesteckt hatte sie sich bei der Arbeit. Zwar waren ihre Symptome zunächst eher mild, dennoch ist in ihrem Leben seither vieles nicht mehr so wie früher. Als Elke Kirsten nach drei Wochen Isolation wieder zur Arbeit ging, merkte sie schnell: An einen normalen Arbeitsalltag war nicht mehr zu denken. Schon beim Treppensteigen, Nordic Walking oder bei der Wasser-gymnastik wurde die Therapeutin, die immer sportlich war, plötzlich kurzatmig und kam an ihre Belastungsgrenzen. Jede körperliche Anstrengung verlangte ihr das Letzte an Kraft ab. Der Alltag war kaum zu bewältigen. Anfang August 2021 begann Kirsten eine Post-COVID-Reha in der Paul-Ehrlich-Klinik in Bad Homburg, einer Reha-Klinik der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See, die die Reha finanziert. Dort trainierte sie die Atemmuskulatur, ergänzt durch Ausdauer- und Kraft übungen. Yoga, Ergotherapie und eine Gesprächsgruppe für Betroffene rundeten das Programm ab. 

Elke Kirsten ist Physiotherapeutin. Nach einer Corona-Infektion brauchte sie selbst eine Reha.

Eineinhalb Jahre nach der Infektion geht es ihr durch die Post-COVID-Reha besser, auch wenn sie noch immer oft um die richtigen Worte ringt. Auch die Erschöpfung und Abgeschlagenheit sind nicht ganz verschwunden: „Nach einem normalen Arbeitstag bin ich ziemlich geschafft, aber immerhin kann ich überhaupt wieder arbeiten.“ Dabei hatte sie vor der Erkrankung an einem Tag schon mal bis zu 100 Kilometer mit dem Fahrrad zurückgelegt. Die Freude an der Arbeit hilft ihr, den Mut nicht zu verlieren. Immerhin muss sie sich über ihre berufliche Zukunft keine Sorgen mehr machen: „In ungefähr zwei Jahren gehe ich in Rente.“

125.187 Leistungen...

zur Teilhabe am Arbeitsleben hat die Rentenversicherung 2020 finanziert, in den meisten Fällen zum Erhalt oder Erwerb eines Arbeitsplatzes oder zur beruflichen Bildung. Zuversichtlich: Reha und Weiterbildung haben Jan-Christoph Geisler fit gemacht für die Zukunft.

QUELLE: DEUTSCHE RENTENVERSICHERUNG

 

DER SCHMERZGEPLAGTE

Jan-Christoph Geisler, Angestellter

 

Für Jan-Christoph Geisler war der Schmerz sein täglicher Begleiter. „Vor allem nachts, da waren die Rückenschmerzen fast unerträglich“, erzählt der 30-jährige Berliner. Seit seiner Jugend leidet Geisler unter einer Skoliose, einer starken Verkrümmung der Wirbelsäule. Eigentlich hatte Geisler Metallbauer gelernt, arbeitete dann aber als Paketbote – bis er gezwungen war, den Job aus gesundheitlichen Gründen aufzugeben: „Die Ärzte sagten mir, wenn ich jetzt nichts unternehme, würde ich früher oder später im Rollstuhl sitzen.“ Für den alleinerziehenden Vater von zwei kleinen Kindern war das eine unerträgliche Vorstellung. In einer aufwendigen Operation vor fünf Jahren wurden seine Lendenwirbel zusammengeschraubt, um die Wirbelsäule zu begradigen. Seither stecken vier Platten und zwei Stangen aus Titan in seinem Rücken. So begann für ihn ein neues Leben. „Nie ging es mir besser als heute. Meine Lebensqualität hat sich enorm verbessert“, freut er sich. Er sei fast beschwerdefrei und könne sogar wieder Sport treiben. 

Pakete schleppen war der falsche Job für den jungen Familienvater, sein Rücken nahm ernsten Schaden. Nach einer Umschulung wechselte er ins Büro – als Kaufmann im Gesundheitswesen.
Zuversichtlich: Reha und Weiterbildung haben Jan-Christoph Geisler fit gemacht für die Zukunft.

Eine Rückkehr in den alten Job kam trotzdem nicht infrage. Er wagte mithilfe der Deutschen Rentenversicherung eine berufliche Neuorientierung. Im Berufsförderungswerk (BFW) Berlin-Brandenburg absolvierte Geisler eine zweijährige Umschulung zum Kaufmann im Gesundheitswesen. Während der Ausbildung wohnte die Familie in einem Apartment im BFW. Die Deutsche Rentenversicherung übernahm nicht nur die Kosten für die Ausbildung, sondern auch für Unterkunft und Verpflegung. „Die zwei Jahre waren die beste Zeit meines Lebens“, sagt Geisler. Er schwärmt vom guten Klassengeist und von der familiären Atmosphäre. Dank Weiterbildung schaffte der junge Mann den Weg zurück ins Berufsleben. Gleich im Anschluss an die Umschulung fand er eine Beschäftigung in einem Klinikum in Berlin-Zehlendorf, wo er sich in der Verwaltung um Abrechnungen kümmerte. Inzwischen arbeitet er in der Verwaltung eines anderen Krankenhauses. An seinen alten Job als Paketbote denkt er selten zurück. Die neue Büroarbeit gefällt ihm sehr gut. Es sei eine abwechslungsreiche Tätigkeit, weil jeder Patient ein individueller Fall sei. „Die Umschulung war für mich eine große Chance. Vorher habe ich mich beruflich kaum weiterentwickelt. Jetzt habe ich sehr gute Karrierechancen.“ Für die Zukunft kann Geisler sich auch ein berufsbegleitendes Studium im Sozial- und Gesundheitsmanagement vorstellen, um sich für eine Leitungsfunktion im Gesundheitswesen zu qualifizieren. Nachdem ihm die Deutsche Rentenversicherung auf die Beine geholfen hatte, wird er den Rest des Weges nun selbst gehen.

 

SO HILFT DIE DEUTSCHE RENTENVERSICHERUNG

Zurück ins Arbeitsleben nach Krankheit oder Verletzung: So helfen Rehas, Renten und Wiedereingliederungsmaßnahmen.

Medizinische Reha

Eine medizinische Reha soll den Versicherten der Deutschen Rentenversicherung dabei helfen, wieder fit fürs Arbeits leben zu werden. Denn eine Krankheit oder ein Unfall kann jeden treffen. Eine medizinische Reha soll eine Verrentung vermeiden. Die Reha dauert in der Regel drei Wochen und kann ganztägig ambulant oder stationär durchgeführt werden. Oft findet die Reha im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt statt, etwa nach einer Operation oder einem Infarkt. Sie kann aber auch mit einem Befund des behandelnden Arztes, zum Beispiel bei einem Post-COVID- Syndrom, beantragt werden. Die Deutsche Rentenversicherung übernimmt die Kosten für die Reise, Unterkunft und Verpflegung ebenso wie für die Therapien.

Berufliche Reha

Neben der medizinischen Reha hat auch die berufliche Reha eine große Bedeutung bei der Wiedereingliederung im Job. Zu den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) zählen vor allem Qualifizierungsmaßnahmen zur beruflichen Aus- und Weiterbildung, aber bei einer neuen Stelle auch Sachleistungen wie Hilfen zur Beschaffung eines behindertengerechten Autos oder einer Arbeitsassistenz für schwerbehinderte Menschen.

Erwerbsminderungsrente

Wenn die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder infolge eines Unfalls eingeschränkt ist, zahlt die Deutsche Rentenversicherung unter bestimmten Voraussetzungen eine Rente wegen Erwerbsminderung. Als voll erwerbsgemindert gilt, wer täglich weniger als drei Stunden tätig sein kann. Teilweise erwerbsgemindert ist, wer zwischen drei und weniger als sechs Stunden arbeiten kann. Dabei gilt stets der Grundsatz: „Reha vor Rente“. Nur wenn das Ziel der Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit durch eine Rehabilitations- leistung nicht erreicht werden kann, sind die Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente gegeben.

Details zu diesen Themen online: www.deutsche-rentenversicherung.de

Neubeginn im Arbeitsleben mit beruflicher Reha

Nach gesundheitlichen Problemen wieder arbeiten: Nach einer Reha finanziert die Deutsche Rentenversicherung ihren Versicherten zusätzlich auch „Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben“.

Mehr Infos im Internet: t1p.de/berufsreha