Eine Heldin in Leinenkleidern

Können Sie sich an diese Freundschaftsbücher aus Schulzeiten erinnern? Vielleicht haben Sie auch eigene Kinder, die bereits diese Exemplare ausfüllen, in die man seine Hobbys, sein Lieblingsessen und seinen Berufswunsch einträgt. Ich habe eines davon aufgehoben und kürzlich reingeschaut. Tatsächlich wollte ich schon mit 14 Moderatorin werden. Auch wenn ich damals wenig Ahnung hatte, wie das eigentlich vonstatten gehen soll, denn der altbekannte Schröder-Move „Ich will hier rein!“ funktioniert selten, wenn man beim NDR in Hannover an den Toren rüttelt. Ich hatte Glück, dass es Menschen gab, die mein Talent erkannt haben. So wie Frau D. Frau D. war meine Kunstlehrerin am Gymnasium und sie war eine Kunstlehrerin, wie sie im Buche steht – mit langen, bunten Leinenkleidern und Holzohrringen und so einem Haarschnitt, bei dem man sich fragt, ob der Friseur die eine Kopfseite einfach vergessen hat. Sie war liebevoll, engagiert und kreativ. Und vor allem war sie diejenige, die alle Schulfeste organisiert hat. Und so stand ich eines Tages auf der kleinen Bühne auf dem Schulhof und moderierte das Sommerfest. Und ein halbes Jahr später den Schulball in der Stadthalle und dann wieder die nächste Veranstaltung… Ohne es mir bewusst zu machen, tat ich das, was ich heute allen raten würde, die auf Bühnen stehen wollen: learning by doing. Frau D. konnte mir selten mehr als eine 3+ auf meine Werke geben (und das würde ich heute als Erwachsene auch noch als sehr gönnerhaft bezeichnen), aber sie hat etwas anderes in mir gesehen. Ohne all diese Gelegenheiten wäre ich nie auf die Idee gekommen, dass das mein Beruf sein könnte: auf einer Bühne zu stehen und den Leuten zu erklären, wo es langgeht. 

In Tattookette und Schlaghose

Mir war lange nicht bewusst, dass sie diejenige war, die mir das Selbstbewusstsein für diesen Beruf eingeimpft hat. Bis mich mal jemand fragte, wann ich eigentlich das erste Mal moderiert hätte, und ich wirklich lange zurückgehen musste, um mich an diese Momente in JeansSchlaghose und Fake-Tattookette um den Hals zu erinnern. Auch wenn ich heute für meine Jobs andere Accessoires wähle, waren das die Gelegenheiten, in denen ich die Grundzüge gelernt habe – und all das nur, weil eine Lehrerin über ihr Fach hinaus an mich geglaubt hat (oder wirklich dringend jemanden gesucht hat, der sich angstfrei auf eine Bühne stellen lässt). Frau D. bleibt meine heimliche Heldin, weil sie mir meinen Weg gezeigt hat.

Ninia LaGrande...

Die Moderatorin und Autorin lebt mit Mann und Kind in Hannover. Ihr Buch „Von mir hat es das nicht!“ (Blaulicht, 2019) handelt von den Herausforderungen des Elternseins.