Zeit macht glücklich

 

Geld macht nicht glücklich, sagt man. Aber man sagt auch: Zeit ist Geld. Wie passt das zusammen mit einer der wichtigsten Erkenntnisse der Glücksforschung: Zeit macht glücklich? Fragen wir uns zunächst: Was ist „Glück“? Mit Glück ist subjektives Wohlbefinden gemeint, das zwei Ausprägungen hat. Beim emotionalen Wohlbefinden geht es um unseren Gefühlshaushalt, es geht also um das Verhältnis zwischen positiven und negativen Gefühlen im Tagesdurchschnitt, wobei die positiven deutlich überwiegen sollten. Daran kann man arbeiten. Deshalb bieten Krankenkassen wie die AOK Bayern inzwischen Kurse an, die auf den Erkenntnissen der Positiven Psychologie fußen. Beim kognitiven, also „gedachten“ Wohlbefinden geht es hingegen um eine Bewertung. Es geht um die Frage, wie zufrieden wir mit unserem Leben vor dem Hintergrund unserer Ziele sind. Hier kommt es darauf an, ob unsere Ziele realistisch und sinnhaft sind. Wir wissen, dass Menschen, die nach persönlichem Wachstum streben, höhere Zufriedenheitswerte haben als Menschen, für die das Geld, das Materielle, im Mittelpunkt steht. Erstere widmen sich privat und im Arbeitsleben Dingen, die ihnen wichtig sind und Möglichkeiten zur Weiterentwicklung bieten. Ihnen ist an guten sozialen Beziehungen gelegen, und sie wollen einen Beitrag zur Gesellschaft leisten.

Sicherheit ist das Fundament

Das heißt aber nicht, dass Geld gar keine Rolle spielt. Die materiellen Grundbedürfnisse müssen zunächst gedeckt sein, damit eine soziale Teilhabe möglich ist und auch im Alter gesichert bleibt. Darüber hinaus jedoch ist das Streben nach mehr Geld, nach mehr Einkommen nicht mehr hilfreich für ein glückliches Leben. Zum einen passen sich die materiellen Ansprüche an die tatsächliche Entwicklung an. Mit steigendem Einkommen steigen also auch die Ansprüche, sodass daraus keine größere Zufriedenheit erwächst. Man nennt das die „hedonistische Tretmühle“. Zum anderen raubt uns das viele Arbeiten dann leicht die Zeit für das Beisammensein, für Sport, für Hobbys, Ehrenamt – kurz: für Aktivitäten, die wirklich glücklich machen. „Zeit ist eine kostbare Ressource“, schreibt Ashley Whillans, Verhaltensforscherin in Harvard. „Wenn wir prüfen, welchen Wert wir ihr beimessen, können wir eine viel grundlegendere Frage beantworten: Wie können wir das individuelle und gesellschaftliche Wohlergehen maximieren und den Stressfallen des Alltags entkommen?“ Es geht also weniger darum, dem Geld hinterherzulaufen, wir sollten vielmehr darauf achten, wie wir unsere Zeit nutzen. Dann leben wir nicht nur gesünder, sondern auch messbar länger.
 

Karlheinz Ruckriegel ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der TH Nürnberg. Sein Spezialgebiet ist die interdisziplinäre Glücksforschung. Sein Buch „Gesundes Führen mit Erkenntnissen der Glücksforschung“ erschien im Haufe-Verlag.