Psychologe Joachim
Kneile ermöglicht
Perspektivwechsel.
Psychologe Joachim Kneile ermöglicht Perspektivwechsel.



Achtsamkeit nach COVID-19

Allein in Deutschland sind bis Ende 2022 rund 37 Millionen Menschen an COVID19 erkrankt. Und die WHO geht davon aus, dass jeder Zehnte unter Langzeitfolgen leidet. „Wichtig ist, dass die Betroffenen zügig die Hilfe bekommen, die sie brauchen“, sagt Dr. Constanze Schaal, Vorstandsvorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Rehabilitation DEGEMED und Geschäftsführerin der Rehazentren Baden-Württemberg gGmbH. Die jahrelange interdisziplinäre Behandlungskompetenz der Rehakliniken im Land bietet dabei ein unverzichtbares Behandlungsangebot für Menschen mit Post- oder Long-COVID.

Der erste Schritt zur Reha ist die Antragstellung. Hierfür braucht es einen Befundbericht des Haus- oder Facharztes und das Wissen darum, wie man einen Antrag bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) stellt. Wer schon einmal eine Reha beantragt hat, kann sofort loslegen und über die Homepage der DRV seinen Antrag online stellen.

Betroffene, die sich vorab informieren möchten, können sich an die Ansprechstellen für Prävention und Reha der DRV Baden-Württemberg (DRV BW) wenden. Dort bekommen sie einen umfassenden Überblick, welche Leistungen eine medizinische und berufliche Reha für Versicherte beinhaltet und wie die Verfahrensabläufe sind.

„Den Austausch innerhalb der Gruppe schätze ich sehr.“

Annick Corbe,
Patientin der Rehaklinik Überruh

Expertenteam der DRV BW

Um Menschen nach einer Corona-Erkrankung eine passgenaue Reha zu ermöglichen, werden die Anträge von einem spezialisierten Team des Sozialmedizinischen Dienstes der DRV BW bearbeitet. Im Fokus steht dabei die individuelle Einschränkung, die teilweise auch erst im Gespräch mit den Betroffenen festgestellt wird. Dr. med. Kristina Schüle, Abteilungsleiterin für den Sozialmedizinischen Dienst & RehaManagement der DRV BW, beschreibt den Ablauf: „Unser Expertenteam prüft schnell und kompetent jeden Einzelfall, um für die individuellen Symptome die richtige Rehaklinik empfehlen zu können.“ Dank der breit gefächerten Spezialisierung der Kliniklandschaft in Baden-Württemberg findet das Expertenteam trotz der Vielfalt der Symptome bei Post- oder Long-COVID stets die optimale Einrichtung  – je nachdem, ob neurologische und/oder psychosomatische Beschwerden den Arbeitsalltag der Betroffenen beeinträchtigen.

„Achtsamkeit kann bei der Regulation des vegetativen Nervensystems helfen.“

Dr. med. Nicola Martin,
Oberärztin der Rehaklinik Glotterbad

Ausgezeichnete Reha-Programme

Das Team der Rehaklinik Überruh in Isny im Allgäu verfolgt bewusst einen ganzheitlichen Ansatz bei Post- und Long-COVID-Patienten. Der dortige Leiter der Gesamttherapie, Dieter Beh, gibt Einblicke in die Behandlungsprogramme, die um ein mentales Aktivierungstraining ergänzt wurden: „Es geht darum, die vorhandenen Probleme, wie Gedächtniseinbußen („Brainfog“), Konzentrationsstörungen, fehlende Merkfähigkeit, auch aktiv anzugehen und zu verbessern. Gleichzeitig werden Wege aufgezeigt, wie die Teilnehmenden selbstständig üben können.“

„Die Mehrzahl der sehr ausgeprägt von Postund Long-COVID-Betroffenen tut sich besonders schwer damit, dass das Wollen, der Antrieb, intakt sind, sie jedoch nicht können“, ergänzt Joachim Kneile, Abteilungsleiter Psychologie. Dieses Wissen fließt auch in die psychotherapeutische Arbeit ein, um so die zu Behandelnden für eine adäquate Belastungssteuerung („Pacing“) zu sensibilisieren. Ebenso wichtig ist es für diese Menschen, sie darin zu stärken, ihre aktuell reduzierte Leistungsfähigkeit und eingeschränkte Befindlichkeit zu akzeptieren. Hierfür ist der Perspektivwechsel weg von dem Verlorenen hin zum gegenwärtig Möglichen erforderlich.

In der Rehaklinik Glotterbad im Schwarzwald profitieren Post- und Long-COVID-Patienten insbesondere von der jahrelangen Erfahrung im Umgang mit Störungen des vegetativen Nervensystems. Entspannungs- und Achtsamkeitsangebote, aber auch dosierte körperliche Aktivität, Wärmeanwendungen, Bäder und seit Neuestem eine spezielle Form der Akupunktur (NADA-Ohrakupunktur) können hier laut Oberärztin Dr. med. Nicola Martin, einen wichtigen Beitrag zur Regulation des vegetativen Nervensystems leisten.

Gerade bei einer Erkrankung, die das Leben stark verändert – über die die Experten aber vieles noch nicht wissen –, ist die Reha-Forschung ein wichtiger Baustein für die Weiterentwicklung von Behandlungsmethoden. Daher fließen bei der DRV BW wissenschaftliche Erkenntnisse und Erfahrungen aus der Reha-Forschung in die Anpassung der Reha-Maßnahmen ein. Das heißt, nach und nach werden die Wissenslücken rund um Post- und Long-COVID geschlossen und die interdisziplinäre Behandlungskompetenz stetig gesteigert. Die DRV BW fördert die Reha-Forschung und leistet damit ihren Beitrag, dass Menschen ihre Erwerbsfähigkeit wiederlangen und möglichst lange erhalten können.

Mehr Inhalte zum Thema: www.drv-bw.de

Dieter Beh, Leiter
Gesamttherapie der
Rehaklinik Überruh.