Früher bin ich Leistungssportlerin gewesen, doch kurz bevor ich meine Reha antrat, war ich so dauererschöpft, dass ich kaum vom Sofa hochkam. Meistens schlief ich schon ein, wenn ich meinen fünfjährigen Sohn Silas ins Bett brachte. Die körperlichen Symptome, die ich hatte, fingen an, mir Angst zu machen: Herzrasen, Schlaflosigkeit, geschwollene Lymphknoten. Und wer kümmert sich um mein Kind, wenn mir etwas passiert?
Die Deutsche Rentenversicherung hatte mir angeboten, am „Wir2-Programm“ teilzunehmen – ein wissenschaftlich begleitetes* Bindungstraining speziell für alleinerziehende Eltern und ihre Kinder. Ich wusste nicht genau, was auf mich zukam, aber ich hätte ohnehin jeden Strohhalm ergriffen. Als wir ankamen, wurden wir im Eltern-Kind-Haus des Reha-Zentrums Schömberg eingecheckt. Ich war wirklich überrascht und sehr schnell auch völlig begeistert, wie gut und modern dieses spezielle Angebot aufgebaut ist. Neben dem „normalen“ RehaProgramm mit Gerätetraining, Ergo- und Psychotherapie sowie Gesprächsrunden hatten wir jeden Tag 90 Minuten Wir2-Gruppe. Jede Woche war ein anderes Modul an der Reihe: Mal ging es darum, mit den Ängsten und dem Druck als alleinerziehendes Elternteil besser umgehen zu können, mal darum, sich mit den eigenen Eltern auseinanderzusetzen, und sehr oft um die eigenen und die Gefühle des Kindes.
„Der Austausch mit den anderen alleinerziehenden Müttern war unfassbar heilsam für mich.“
Tanja Faul
Druck und Schuldgefühle
Genauso wichtig wie das Bindungstraining war für mich aber auch die Gruppe selbst. Ich habe ja so an mir gezweifelt und mich für die Einzige gehalten, die nichts mehr auf die Reihe bekommt. Ich dachte: Scheitere ich als Mutter, obwohl ich doch immer Kinder haben wollte?
Wir waren sieben Mütter in der Gruppe und es war für mich unfassbar heilsam, mich auszutauschen und zu merken: Ich bin mit meinen Problemen, dem Druck, den Existenzängsten und auch der sozialen Einsamkeit gar nicht allein. Wir Mütter sind uns in diesen Wochen sehr nah gekommen, weil wir uns viel besser öffnen konnten als in einer regulären Reha. Ohne das Wir2-Training hätte ich mich mit meinen Sorgen und Ängsten nicht so offenbart.
Ich kann heute zum Beispiel viel besser mit meinen Schuldgefühlen umgehen, dass Silas ein Vater fehlt, der sich um ihn kümmert. Es macht ihn traurig und er hat Verlustängste, was mich angeht, zum Beispiel, wenn ich mal wütend auf ihn bin. Ich verstehe das inzwischen sehr viel besser. Auch Silas ist viel ausgeglichener.
Als Alleinerziehende vergisst man oft vor lauter Hin- und Herrennen sich selbst. Ich bin vor der Reha komplett untergegangen. Jetzt ist mir bewusst, dass nur, wenn es mir gut geht, es auch meinem Sohn gut geht. Deswegen kümmere ich mich jetzt auch mehr um meine Bedürfnisse. Ich habe mich inzwischen beispielsweise beruflich neu orientiert, was bitter nötig war. Das Wir2-Programm war für mich wirklich die Rettung in einer schwierigen Situation.
Mehr Informationen zum Thema: t1p.de/Wir2-Reha