Viel Spaß beim
Tischkicker – für
Marvin (vorne links) jetzt wieder möglich.
Viel Spaß beim Tischkicker – für Marvin (vorne links) jetzt wieder möglich.



„Weniger ist mehr“

Zum Greifen nahe sind Marvins Träume. Das war vor seiner Reha in der Edelsteinklinik, einer Fachklinik für Kinder- und Jugendlichen-Rehabilitation in Bruchweiler, ganz anders. Denn im Februar 2022 hatte er sich mit Corona infiziert. Über zehn Kilo Gewicht verlor er, bekam Belastungsasthma und fühlte sich andauernd müde und erschöpft. „Schon der Weg von meinem Zimmer zum Bad war ein Problem für mich. Sport ging gar nicht mehr“, beschreibt der 18-Jährige seine körperliche Verfassung. Seine Ausbildung zum Elektroniker für Gebäude- und Installationstechnik musste er aufgeben. Aber Marvin wollte unbedingt wieder gesund werden, denn sein Ziel war immer, zur Bundeswehr zu gehen. „Ich habe versucht, mich mehr zu bewegen, bin spazieren gegangen – immer weiter, um Ausdauer zu trainieren. Aber das allein reichte nicht. Deshalb haben wir einen Reha-Antrag gestellt.“

„Runterregeln“

Dr. Edith Waldeck, Ärztliche Direktorin der Edelsteinklinik, kennt inzwischen viele junge Menschen, die wie Marvin an Post-COVID leiden. Sie weiß, eine Reha kann ihnen helfen, ihrem Leben wieder Perspektiven geben. „Aber wir müssen Kinder und Jugendliche mit Post-COVID ganz anders behandeln als andere Patientinnen und Patienten. Wir müssen sie ‚runterregeln‘. Sie müssen lernen, wo ihre Grenzen gerade sind und wie sie sich zurücknehmen.“

 

„Unsere Post-COVID-Patientinnen und Patienten lernen sich bewusst wahrzunehmen. Das hilft ihnen und uns Ärzten.“

Dr. Edith Waldeck,
Ärztliche Direktorin der Edelsteinklinik

Marvin musste zunächst lernen, sich auf die Reha einzulassen. „Sechs Wochen Reha – da war ich schon skeptisch. Ich dachte, nach zwei, drei Wochen wird das bestimmt ziemlich monoton.“ Doch dann war er positiv überrascht. „Wir hatten viel Abwechslung, jeden Tag spannende Erlebnisse und extrem viel Spaß miteinander.“ „Wir“ – das ist seine Gruppe, mit der er auf der Station lebte. „Zuerst war ich wenig begeistert darüber, dass ich der Älteste war. Aber das war das Beste, was mir passieren konnte. Die Zeit hier hat uns zusammengeschweißt. Wir waren wie eine Familie.“

Beste Voraussetzungen für eine erfolgreiche Reha also. Über Konzentrationstraining, Ergotherapie, Sporttherapie mit ansteigender Belastung, so wie er es einforderte, hat er in sechs Wochen nicht nur neue Freunde gefunden, sondern vor allem Ausdauer und Kraft zurückgewonnen. „Sich nicht zu überfordern, langsam zu steigern und mit seinen Grenzen zu leben, hat ihm geholfen“, erklärt Dr. Waldeck. Wichtig für Marvin war dabei sein „Belastungstagebuch“, das er wie alle anderen Post-COVID-Patienten führte. Auf einer Skala von 0 bis 10 konnte er hier Aktivitäten und Therapien, die Symptome danach und zu verschiedenen Tageszeiten eintragen. „In der ‚Austauschgruppe‘ haben wir uns einmal wöchentlich besprochen und die Therapien konnten immer wieder angepasst werden. Das war wichtig für mich.“ Und acht Kilo Gewicht hat er ganz nebenbei zugelegt – für Marvin ein großer Erfolg.

Werden endlich ernst
genommen – Madeline
und ihre Mutter Kerstin.

Auf eine erfolgreiche Reha hofft auch Madeline, die von ihrer Mutter Kerstin begleitet wird. Ihre Post-COVID-Reha in der Edelsteinklinik hat gerade erst begonnen. Sie ist zehn Jahre, sitzt oft im Rollstuhl und ist ständig erschöpft. Seit sie sich im Mai 2022 mit Corona infizierte, hat sie sich nicht mehr richtig gesund gefühlt. Ein Infekt nach dem anderen hat sie ausgebremst. In der Schule fehlte sie häufig und seit Januar 2023 ging es ihr immer schlechter.  

„Ich war nur noch schlapp und dann hatte ich plötzlich auch noch Atemnot“, beschreibt Madeline ihre Probleme. „Wenn man ein aktives Kind hat, das Ski und Fahrrad fährt, schwimmt und Tennis spielt und dann diese Entwicklung beobachtet, das ist ganz schlimm. Wenn das eigene Kind plötzlich nach Luft schnappt, dann treibt einem das die Tränen in die Augen“, ergänzt ihre Mutter. Weil es Madeline immer schlechter ging, kam sie zunächst ins Olgahospital in Stuttgart. „Von dort aus ging es direkt hier in die Edelsteinklinik. Hier nimmt man uns endlich ernst und alle haben ein offenes Ohr“, sagt Kerstin.

Tagesform entscheidet

Auch Madeline füllt eifrig ihr Tagebuch aus. „Wir müssen ganz behutsam feststellen, was geht, was geht nicht“, erklärt Dr. Waldeck. „Madelines Tagesform ist noch sehr unterschiedlich. Und geht es ihr schlecht, ist natürlich auch ihre Stimmung schlechter. Darauf müssen wir eingehen.“ Madeline beginnt ihre Therapie mit ein bis zwei Einheiten am Tag, so wie es für sie möglich ist. Die Physiotherapie verbessert ihre Motorik, die Ergotherapie ihre Konzentration. Wenn es ihr gut geht, besucht sie für eine Stunde die Klinikschule. Der Weg sei mühsam und werde dauern, so Dr. Waldeck. Auch dass die Erwartungen oft groß sind und die Enttäuschung dann noch größer, ist für sie nicht neu. Trotzdem könne die Reha erfolgreich sein, wenn alle viel Geduld mitbringen. 

Marvins Reha ist zu Ende, seine Perspektiven sind positiv. Er ist zuversichtlich, seine Träume doch noch zu verwirklichen: „Die Bundeswehr bleibt mein Ziel. Dort will ich eine Ausbildung zum Notfallsanitäter machen. Ich habe noch einen Termin bei der Karriereberatung der Bundeswehr und muss zur Musterung. Ich denke, ich schaffe das.“

Mehr zum Thema: www.edelsteinklinik.de
Hotline zum Wunsch- und Wahlrecht: 06232 172500

INFO: Edelsteinklinik Bruchweiler

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