Bernd Keßler und Lisa Zorn von der Auskunftsund Beratungsstelle in Kaiserslautern
Bernd Keßler und Lisa Zorn von der Auskunftsund Beratungsstelle in Kaiserslautern



Guter Rat ist nicht teuer

Je bescheidener die Kassenlage, desto wichtiger ist es, die spätere Rente aufzubessern. Für Menschen mit geringem Einkommen, die für ein Altersvorsorgegespräch zu Bernd Keßler in die Auskunfts- und Beratungsstelle nach Kaiserslautern kommen, hat er ein ganzes Sortiment an Tipps parat, auf die Versicherte allein oft nicht kommen.

Vor Kurzem saß ihm beispielsweise eine alleinerziehende Mutter von zwei Kindern gegenüber. Ihr Jüngster ist schwer krank und pflegebedürftig. Die 40-Jährige kann deshalb erst frühestens in zwei Jahren wieder arbeiten und lebt derzeit von den Unterhaltszahlungen ihres geschiedenen Mannes und dem Pflegegeld für ihr Kind. Sie hat durch ihre frühere Berufstätigkeit Rentenansprüche erworben. Beim Versorgungsausgleich bei der Scheidung wurden ihr zudem weitere Rentenpunkte zugesprochen. Doch das wird im Alter nicht reichen.

Im Gespräch stellt sich heraus, dass sie vor ihrer Ehe als Erzieherin im Öffentlichen Dienst tätig war. „Da müsste es doch Betriebsrentenansprüche geben“, so Bernd Keßler. Und tatsächlich: Auf Nachfrage bei der Betriebsrentenzahlstelle erfährt die Frau, dass ihr aus dieser Zeit 50 Euro monatliche Betriebsrente zustehen.

Für die Pflege ihres Sohnes werden außerdem Pflichtbeiträge von der Pflegeversicherung in die Rentenkasse eingezahlt. Und nicht nur das: Sie ist damit automatisch auch berechtigt, Zulagen für eine Riesterrente zu bekommen, was einen großen Unterschied macht. Bei ihren Einkommensverhältnissen kann die alleinerziehende Mutter schon für fünf Euro pro Monat in einem Riestervertrag die komplette Förderung bekommen. Das bedeutet konkret: Sie spart selbst 60 Euro im Jahr, bekommt aber als Zulage zusätzlich 300 Euro pro Jahr und Kind sowie 175 Euro Grundzulage für sich selbst als Elternteil. Insgesamt kann sie so 835 Euro pro Jahr ansparen, solange ihr Sohn und ihre Tochter kindergeldberechtigt sind. Bei geringem Einkommen „sollte man sich immer an das halten, was staatlich gefördert wird“, rät Keßler.

Die Rentenversicherung bringt Licht ins Dunkel – kostenlos und neutral.

Die Riester-Rente ist nur eine von vielen Möglichkeiten, über die Keßler und seine Kolleginnen und Kollegen überall in Deutschland aufklären. „Wir vermitteln keine Verträge, sondern informieren lediglich neutral und kostenlos darüber, was es alles gibt und worin jeweils die Vor- und Nachteile bestehen.“ Keßler hat in den vergangenen zehn Jahren über 240 Altersvorsorgegespräche geführt. Viele seiner Kunden fühlten sich damit überfordert, ihre „Versorgungslücke“ zu ermitteln; den Unterschied zwischen dem, was sie brauchen, und dem, was sie bisher zu erwarten haben. „Wir zeigen auf, was sie noch alles machen und wo sie mit staatlicher Unterstützung rechnen können“, erklärt Keßler.

Bevor ein Altersvorsorgegespräch stattfinden kann, muss allerdings erst einmal das Rentenkonto geklärt sein, erläutert Keßlers Kollegin Lisa Zorn. Das bedeutet unter anderem, dass der Versicherungsverlauf vollständig ist und Anträge, etwa für Kindererziehungszeiten, bearbeitet sind. Am Ende kann dann eingeschätzt werden, wie hoch die gesetzliche Rente wahrscheinlich sein wird. Hinzu kommen betriebliche und private Altersvorsorge. Im nächsten Schritt wird besprochen, wie viel Geld im Alter zur Verfügung stehen soll. Als Faustformel gilt: rund 80 Prozent des früheren Einkommens.

Besteht eine Lücke zwischen der Wunschsumme und den geschätzten Ansprüchen im Alter, überlegt man gemeinsam, wie sie geschlossen werden könnte. Zorn rät dabei immer, bestehende private Rentenverträge nicht zu kündigen, sondern auf „ruhend“ zu stellen. Sonst gingen alle Zulagen und steuerlichen Vorteile verloren.

„Am Altersvorsorgegespräch finde ich besonders gut, dass ich eineinhalb Stunden Zeit habe, um mich auf die Lebenssituation eines Versicherten einzulassen“, sagt Zorn. Viele kämen beispielsweise, weil sie gern etwas früher in Rente gehen möchten. Oft gehe es da um jeden Monat. Deswegen sei es wichtig, dass auch Minijobber den Eigenbeitrag in die Rentenversicherung zahlen, denn er kann eine große Wirkung haben. Aus demselben Grund sollte man sich auch stets arbeitslos melden, selbst wenn es nur um eine kurze Zeit geht. Wer unter 45 ist, kann außerdem für die Schulzeit zwischen dem 16. und 17. Lebensjahr Beiträge nachzahlen und damit wertvolle Wartemonate sammeln und gleichzeitig seine Rentenansprüche erhöhen.

Auch Abschläge bei einer Rente mit 63 oder bei Verlusten durch den Versorgungsausgleich bei einer Scheidung können „nachgekauft“ werden. „Die Versicherten müssen nicht den Lösungsweg kennen, sondern nur wissen, wer ihnen weiterhelfen kann – nämlich wir in den Beratungsstellen.“

„Es kommen immer mehr junge Leute, die das Thema Altersvorsorge beschäftigt.“

Lisa Zorn, Auskunfts- und Beratungsstelle der Deutschen Rentenversicherung in Kaiserslautern

Interview - „Den Mann mit ins Boot holen“

Was können Frauen mit eher niedrigem Einkommen, etwa Erzieherinnen oder Verkäuferinnen, für ihre Altersvorsorge tun?

Es gibt eine ganze Reihe von Punkten, die ich in einem Beratungsgespräch mit der Versicherten durchgehe. Um nur ein Beispiel zu nennen: Viele haben keine betriebliche Altersvorsorge, obwohl ein Anspruch darauf besteht. Ich rate dann unter anderem dazu, beim Arbeitgeber nachzufragen, an welchen Angeboten der privaten Vorsorge er sich beteiligen würde. 

Was sollten Frauen mit Blick auf die Rente unbedingt vermeiden?

Sie sollten sich nicht darauf verlassen, dass sie verheiratet sind. Ein Ehemann ist keine Altersvorsorge, denn es kann immer auch zu einer Scheidung kommen. Ich empfehle deshalb grundsätzlich, eigene Rentenansprüche zu erwerben.

Manche Mütter entscheiden sich bewusst dafür, länger als drei Jahre zu Hause zu bleiben, zumal wenn der Ehemann ausreichend verdient. Wie kann man dann Altersarmut vermeiden?

Ich rate immer dazu, den Mann mit ins Boot zu holen und offen über einen Ausgleich zu reden. Der Partner kann beispielsweise die Beiträge für eine private Altersvorsorge übernehmen. Ab dem 50. Lebensjahr besteht außerdem unter bestimmten Umständen die Möglichkeit, Abschläge auszugleichen, sich also Rentenpunkte zu „kaufen“. Auch Frauen, die Angehörige pflegen, sollten dies unbedingt über die Pflegekasse für ihren Rentenanspruch anerkennen lassen.

Sandra Wissen ist Beraterin bei der Deutschen
Rentenversicherung in München.

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