Mehr als 15 Prozent aller Kinder und Jugendlichen in Deutschland sind laut Robert Koch-Institut (RKI) übergewichtig. Knapp sechs Prozent sind sogar adipös, sie leiden unter starkem Übergewicht mit einem Body-Mass-Index (BMI) von über 30. Die Zahlen stammen noch aus der Zeit vor der Coronapandemie. Seither verzeichnen Krankenkassen sprunghafte Zuwächse.
Mit fatalen Folgen. Laut RKI ist das Risiko für Kinder mit Adipositas, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen und Insulinresistenzen zu entwickeln, höher als bei Erwachsenen. Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes, Gelenkprobleme oder Depressionen können auftreten – mit schwerwiegenden Auswirkungen auf die Lebensqualität der Betroffenen und hohen Folgekosten für das Gesundheitssystem.
Wer hofft, dass sich Übergewicht im jungen Alter von selbst „auswächst“, liegt meist falsch. „Aus übergewichtigen Kindern werden in der Regel übergewichtige Erwachsene“, weiß Christine Reudelsterz. Die Diplom-Ökotrophologin – die Disziplin kombiniert Ernährungs- und Haushaltswissenschaft – arbeitet bei der Deutschen Rentenversicherung Bund in der Abteilung Prävention und Rehabilitation.
Die Deutsche Rentenversicherung bietet Kindern und Jugendlichen mit Adipositas eine mindestens vierwöchige medizinische Rehabilitation an.
Um die Erfolge der Rehabilitation zu festigen, kann eine ambulante Reha-Nachsorge angeschlossen werden. Seit einem Jahr bietet die Rentenversicherung eine Ernährungstherapie an, die von spezialisierten Ernährungstherapeuten durchgeführt wird.
„Aus übergewichtigen Kindern werden in der Regel übergewichtige Erwachsene.“
Christine Reudelsterz, Diplom-Ökotrophologin, DRV Bund
„Das ist absolut sinnvoll“, erklärt Christine Reudelsterz. „Denn die große Herausforderung für die Familien kommt nach der Reha, wenn sie im Alltag wieder auf sich gestellt und selbst für die Gestaltung ihrer Mahlzeiten verantwortlich sind. Da braucht es oftmals Unterstützung von jemandem, der vor Ort ist.“
Wie die Termine ausgestaltet werden, entscheiden die Ernährungstherapeuten mit dem Kind oder Jugendlichen. Gemeinsames Kochen ist möglich, oder Beratung zur Frage: Wie können Mahlzeiten gesünder oder kalorienärmer, aber dennoch schmackhaft gestaltet werden? Gruppensitzungen können vereinbart werden, in denen Kinder und Jugendliche Erfahrungen austauschen.
Gesunde Ernährung und ein geringeres Einkommen müssen kein Widerspruch sein, weiß Christine Reudelsterz. „Zum Beispiel sind Hülsenfrüchte eine gesunde und preiswerte Eiweißquelle. Und auch saisonales Obst und Gemüse sind gesund und erschwinglich. Es fehlt hin und wieder am Wissen über die Zubereitung der Speisen.“
Genau hier setzt die Ernährungstherapie an: Sie ist eine „unimodale Nachsorge“, so genannt in Abgrenzung zu multimodalen Programmen (die zum Beispiel eine Bewegungstherapie beinhalten). Die unimodale Nachsorge kommt dann zum Einsatz, wenn das Kind bereits an ein Bewegungsprogramm angeschlossen ist, beispielsweise in einem Sportverein. Sie wird im Rahmen von bis zu zehn Terminen à 60 Minuten
durchgeführt und soll spätestens innerhalb von drei Monaten nach Ende der Rehabilitation beginnen. Eine Verlängerung um weitere zehn Termine ist möglich.
Eines liegt auf der Hand: Mit dem erfolgreichen Abschluss der Reha verbessern sich wesentliche Voraussetzungen für einen gesunden Start ins Leben.
Ein Reha-Antrag kann online unter
www.deutsche-rentenversicherung.de/online-dienste
gestellt werden.