Nachsorge aus der Ferne

Adipositas ist mehr als nur Übergewicht. Sie ist eine chronische Ernährungs- und Stoffwechselstörung und damit eine ernsthafte Erkrankung. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts ist fast jeder fünfte Erwachsene von Adipositas betroffen. Tendenz steigend.

Wer wegen Adipositas eine Reha in der Frankenland-Klinik macht, hat den ersten Schritt in ein gesünderes Leben getan. „Doch wenn diesem ersten Schritt keine weiteren folgen, ist die Rückfallquote hoch“, sagt Natalie Boß, Sportwissenschaftlerin und Therapeutin in der Klinik, die von der Deutschen Rentenversicherung Nordbayern betrieben wird. Damit die Rehabilitanden einen nachhaltigen Erfolg erzielen, wurde eine digitale Version der „Intensivierten Rehabilitationsnachsorge“ (IRENA) eingeführt. Damit können Rehabilitanden ein von Therapeuten begleitetes Programm absolvieren, das sie im Alltag unterstützt – von zu Hause aus.

Viele Kalorien, wenig Bewegung

Ohne Unterstützung ist es schwer, den Weg aus dem Übergewicht zu finden. Als eine der Hauptursachen für die steigende Zahl stark übergewichtiger Menschen gilt der moderne Lebensstil: zu viele Kalorien, zu viel Fett und Kohlenhydrate in der Ernährung, gleichzeitig zu wenig Bewegung. Adipositas liegt laut Weltgesundheitsorganisation bei einem Body-Mass-Index von über 30 vor. Sie wird in drei Schweregrade mit unterschiedlich gravierenden gesundheitlichen Folgen eingeteilt. Grundsätzlich gilt Adipositas als Risikofaktor für Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und psychische Störungen.

Den Körperfettanteil senken, Gewicht reduzieren und den Lebensstil ändern – das sind die wichtigsten Ziele einer Adipositas-Reha. Sie ist ein Spezialgebiet der Frankenland-Klinik im fränkischen Bad Windsheim. Das ganzheitliche Reha-Konzept der Klinik umfasst Beratung, Bewegung, Ernährungsschulung und psychologische Betreuung. „Viele Rehabilitanden, die zu uns kommen, sind Feuer und Flamme“, erzählt Natalie Boß. „Manchmal müssen wir sie sogar bremsen, damit sie sich nicht zu viel zumuten.“ Der Grund: „Im Alltag bewegen sich viele Adipositas-Patienten sehr wenig. Erst in der Reha fangen sie damit wieder an. Das kann auch zu Schmerzen führen, zum Beispiel in den Gelenken.“ Andere haben Begleiterkrankungen wie Diabetes, die parallel behandelt werden müssen.

„Für Menschen, die sonst weite Wege zurücklegen müssten, ist die digitale Nachsorge eine große Hilfe.“

Natalie Boß, Sportwissenschaftlerin, Frankenland-Klinik

Zurück zum Normalgewicht

Eine Reha kann ein Anstoß sein, die Spirale, die in die Adipositas geführt hat, wieder zurückzuschrauben. Das geschieht zum einen durch ein gezieltes Bewegungsprogramm, um den Stoffwechsel anzuregen und Muskeln aufzubauen. Zum anderen wird die Ernährung optimiert: Es geht darum, Verständnis für Stoffwechselvorgänge im Körper zu wecken, die Wirkungsweise von Lebensmitteln zu verstehen, gesunde von  ungesunden Ernährungsweisen unterscheiden zu können oder zu lernen. Nicht zuletzt gibt es auch eine psychologische Beratung. Die Rehabilitanden sollen verstehen, woher ihr Hang zum Übergewicht kommt, welche Rolle Stress und Gewohnheiten spielen und wie sie ihr Verhalten ändern können.

Natalie Boß weiß: In den drei bis vier Wochen, die eine Reha dauert, stellt niemand sein ganzes Leben auf den Kopf. Die eigentliche Arbeit kommt erst danach. Und hier setzt die Intensivierte Reha-Nachsorge der Deutschen Rentenversicherung, kurz IRENA, an. Ziel der Nachsorge ist es, das Wissen regelmäßig aufzufrischen, zur Änderung des Lebensstils zu motivieren und so den Erfolg der Reha nachhaltig zu sichern. Statt Termine vor Ort wahrnehmen zu müssen, eröffnet die Frankenland-Klinik ihren Rehabilitanden die Möglichkeit, ihre Nachsorge auch digital durchzuführen. Dafür wird lediglich ein mobiles digitales Gerät wie Smartphone, Tablet oder ein Notebook benötigt. „Gerade für Schichtarbeiter oder Menschen, die auf dem Land leben und weite Wege zurücklegen müssten, ist das eine große Hilfe“, sagt Natalie Boß.

Enger Kontakt zum Therapeuten

Bereits während der Reha werden interessierte Rehabilitanden mit dem Programm vertraut gemacht. Darin werden die therapeutischen Inhalte in Form von Videos, Bild- und Textelementen dargestellt. Das reicht von Bewegungsübungen über Seminare, Vorträge, Schulungen,  Entspannungsübungen und Ernährungsinhalte bis hin zu Kochrezepten. 42 Einheiten sind zu absolvieren. Dafür steht ein Jahr zur Verfügung. 
„In einem Tagebuch werden die zurückgelegten Schritte, das Gewicht, das Befinden, die Stimmung und die Einhaltung der sogenannten Fettpunkte dokumentiert“, erklärt Natalie Boß. Als betreuende Therapeutin ist sie über die App jederzeit erreichbar. In regelmäßigen Abständen finden Videokonferenzen statt.

„Mit der Einführung der digitalen IRENA haben wir ein Instrument geschaffen, mit dem wir unsere Rehabilitanden aus der Ferne engmaschig begleiten können“, sagt Dr. Rainer Tischendorf, Chefarzt der Frankenland-Klinik. „Außerdem hilft uns das Programm, unsere Ressourcen an Fachpersonal effizient zu nutzen.“ Seit Kurzem wird die digitale Nachsorge IRENA in der Frankenland-Klinik auch in der Orthopädie eingesetzt.

INFO - Die IRENA-App …

… bekommt nur, wer eine Reha abgeschlossen hat. Eine Reha kann bequem online unter
www.deutsche-rentenversicherung.de/online-dienste
beantragt werden. Dort kann auch eine Wunschklinik angegeben werden.