Pauline Volgmann hatte eine Erleuchtung, mitten in der Nacht. Ihre berufliche Orientierungsphase war lang und kurvenreich. Sie wollte beruflich Menschen helfen, dabei aber nicht zu persönlich werden. In einer schlaflosen Nacht sah sie ein YouTube-Video über das Berufsbild der Diätassistentin und wusste: Das ist es! Noch in derselben Woche bewarb sie sich um eine Ausbildung. Und wurde angenommen.
Vor dem Warnschuss
In der Fachschule hat sie viel gelernt. Wie viel Menschen mit ihrer Ernährung bewegen können zum Beispiel – positiv wie negativ. Ein starker Kontrast zu der geringen Aufmerksamkeit, die dem Thema meist zukommt. Ein Grund: Ernährungsbedingte Krankheiten tun anfangs nicht weh. „Höhere Cholesterinwerte und Bluthochdruck spüren Sie jahrzehntelang nicht. Dann erst gibt der Körper einen vernehmlichen Warnschuss ab“, sagt die Diätassistentin.
Ob vor einem Warnschuss oder danach: Viele Menschen informieren sich über gesunde Ernährung im Internet. Dort, vor allem in sozialen Medien, treffen sie dann auf „Ernährungsberater“. Der Begriff ist nicht geschützt. Sie alle erzählen in Videos, was ihnen konkret geholfen habe. Manchmal, sagt Pauline Volgmann, seien diese Internet-Ratschläge nicht nur falsch, sondern schädlich. Sie erinnert daran, dass jeder Mensch anders ist. Das gelte auch für den Stoffwechsel. „Leider denken auch Hausärzte häufig erst an die Ernährung, wenn vorher verschriebene Medikamente nicht mehr helfen. Eigentlich sollte das umgekehrt sein oder Hand in Hand laufen“, findet sie.
Woher ihr Interesse für das Thema Ernährung kommt? Das kann sie gar nicht sagen. Sie freut sich aber sehr, wenn sie Erfolge ihrer Arbeit sieht. Die sieht sie häufig bei Rehabilitandinnen und Rehabilitanden, die den Warnschuss ernst nehmen und gewillt sind, etwas an ihrem (Ess-)Verhalten zu ändern. Bei einem Adipositas-Patienten mit allen möglichen Begleiterkrankungen, dem es über den Zeitraum eines Jahres mit veganer Ernährung und einem Personal Trainer gelang, von über 200 Kilogramm auf Normalgewicht zu kommen und sämtliche Medikamente abzusetzen, hat sie sich mitgefreut.
„Das Bewusstsein für Ernährungsthemen ist meistens nicht da.“
Pauline Volgmann, Diätassistentin in der Rehabilitationsklinik Hohenelse
Ernährungsbedingte Krankheiten sind seit vielen Jahrzehnten Spezialgebiet der Rehabilitationsklinik Hohenelse der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg. Die Fachkräfte in der Klinik wollen Menschen gesund oder jedenfalls gesünder machen, die unter einer der vielen ernährungsbedingten Krankheiten leiden. Pauline Volgmann hält dort Vorträge vor bis zu 50 Rehabilitandinnen und Rehabilitanden, macht Gruppenseminare mit bis zu acht von ihnen und hat in einer normalen Woche zehn Einzelberatungen. Am liebsten ist sie in der Lehrküche. Da wird es praktisch. „Die meisten kommen aus einem Alltag, in dem die Zeit für und manchmal auch das Wissen um das Thema Ernährung fehlt. „Unsere Lehrküche ist richtig schön, bis hin zum Geschirr. Das Auge isst ja mit“, sagt sie. Und schmunzelt: Anfangs seien die Damen und Herren skeptisch, Teig für Brownies aus Kidneybohnen zu machen. Sie macht dann Musik an, um das Erlebnis mit positiven Emotionen zu verknüpfen. Am Ende sind alle begeistert. Kidneybohnen sind eine hervorragende pflanzliche Eiweißquelle, die daraus gebackenen Brownies reich an Ballaststoffen. Sie machen ganz anders satt als die Weizenmehl-Variante. Und so bringt sie die Damen und Herren dazu, sich außerhalb ihres Reha-Aufenthaltes gesünder zu ernähren: Was gut ankomme, wie Kidneybohnen-Brownies oder Brot aus Kichererbsenmehl, das werde auch zu Hause ausprobiert, sagt sie.
Selbsteinschätzung ist oft falsch
Der wichtigste Tipp sei aber, sich über den Ist-Zustand bewusster zu werden. Meistens sei die eigene Ernährung schlechter als die Selbsteinschätzung. In ihren Vorträgen nicken alle, wenn es darum geht, jeden Tag fünf Portionen Obst und Gemüse zu essen. Wenn sie dann fragt, wie viele tatsächlich verzehrt würden, sei „eine Portion“ die Regel, ganz selten esse jemand drei. Für sie sei wichtig, dass sich die Menschen, mit denen sie zu tun hat, zunächst einen Punkt aussuchen. An dem sollen sie dann sie so lange arbeiten, bis er zu einer Routine geworden ist, über die nicht mehr nachgedacht wird. Also zum Beispiel mehr Vollkorn, weniger Fleisch, weniger Zucker, mehr Wasser. Erst danach komme der nächste Punkt dran. Wie schwer das ist, weiß Pauline Volgmann auch aus eigener Erfahrung.
Manche, sagt sie, wollen auch gar nicht. Sie ignorieren den Warnschuss und sind nicht gewillt, etwa ihren Fleischkonsum zu reduzieren. Wenn eine persönliche Ebene erreicht sei, müsse sie manchmal sagen: „Sie spielen Lotto mit Ihrem Leben.“ Wichtig ist zu betonen, dass gutes und gesundes Essen keine Preisfrage ist. Es sei vorstellbar, Kantinen auf vegan-vegetarische Kost umzustellen. Das wäre nicht nur deutlich günstiger, auch die Qualität würde nach oben gehen. Oft fehle aber der Wille. Dennoch: Sie ist gegen Bevormundung – die Entscheidung müsse bei den Einzelnen bleiben.
Pauline Volgmann arbeitet gern in der Rehaklinik Hohenelse. Sie schwärmt von ihrem Team, in dem jedes Mitglied seine Expertise zur Anwendung bringen kann. Die idyllische Lage und die Ruhe am Rheinsberger See seien toll. „Reha ist immer ein bisschen Käseglocke – aber es kann eine schöne Käseglocke sein“, sagt sie.
Nun arbeitet sie mit daran, dass Menschen mit einer ernährungsbedingten Krankheit die bestmögliche Therapie angeboten wird. „Hohenelse hat viele Zertifikate. Zum Beispiel sind wir die einzige Rehaklinik in Ostdeutschland, die von der Deutschen Diabetes Gesellschaft als ‚Exzellenzzentrum‘ zertifiziert wurde“, sagt sie. Ein bisschen Stolz schwingt auch mit.
Kidneybohnen-Brownies
Zutaten für einen kleinen Backrahmen:
Zutaten
• 1 Dose Kidneybohnen (groß)
• 175g Datteln, soft
• 40g Kakaopulver
• 50ml Kokosöl, flüssig
• 150g Zartbitterschokolade, Vanille, Honig
• 1TL Essig, neutral
• 1TL Natron
• 1TL Backpulver
• 2 Eier, Größe L
Zubereitung
1. Backofen auf 180°C Ober-/Unterhitze vorheizen und Backform mit Backpapier auslegen/einfetten.
2. Alle Zutaten, bis auf die Schokolade, in ein hohes Gefäß geben und pürieren, bis es zu einer glatten Masse wird.
3. Schokolade hacken und etwa 2/3 unter die Masse heben.
4. Teig in die Backform füllen und die übrige Schokolade drüberstreuen.
5. Brownies etwa 30 bis 35 Minuten backen.
Tipps
Abhängig von der Süße der Datteln mit Honig nachsüßen. Nüsse sind auch ein ideales Topping.