Lieber bestellen, Mama!

Ich weiß nicht, wohin ich geguckt habe, wenn ich bei meiner Mutter in der Küche hockte, aber die Töpfe können es nicht gewesen sein. Kochen ist DAS Horrorszenario, wenn der Mann mal nicht da ist. Unser Kind ist angesichts der Geschehnisse zu Hause der absoluten Überzeugung, für die Küche seien die Väter zuständig.

Wenn er morgens schon weiß, dass Papa abends nicht da ist, wird der beste Kumpel mit einem jammerigen „Meine Mama muss heute kochen“ begrüßt, als würde ich mir morgens schon ausmalen, wie ich ihn am Abend vergiften könnte. Obwohl ich motiviert bin, mir Mühe zu geben und meine Freundin aka Küchenchefin besorgt „einfache Rezepte“ schickt, lautet das Ergebnis zu oft „lieber bestellen, Mama“ – und wenn wir dann in Joggingbuxe, mit den Fingern in fettigen Pizzakartons, gemütlich rumlümmeln, dann habe ich es am Ende sogar als Frau ganz gut hinbekommen.

Beruf: nie da

Der Mann und ich sind zu Hause gut aufgeteilt. Ich putze das Bad, er macht alles andere. Das hat wenig mit modernen 50-50-Methoden zu tun, aber ist aus meiner Sicht sehr angenehm. Daher habe ich aus meiner Ehe den ultimativen Datingtipp abgeleitet: Haltet euch an die Männer, die bei alleinerziehenden Müttern aufgewachsen sind. Der Mann hat zwei Brüder und eine alleinerziehende Mutter – da lernt man schnell, seine eigene Wäsche zu waschen.

Als das Kind im Kindergarten mal gefragt wurde, was seine Eltern beruflich machten, lautete die Antwort: „Mein Papa malt mit einem roten Stift und meine Mama ist nie da.“ Dabei bin ich schon da, aber woanders. Da, wo meine Jobs sind – hauptsächlich Moderationen auf den Bühnen dieser Republik. Nie da ist auf jeden Fall ein anderer Beruf, als meine Mutter ihn hatte; die war beruflich immer da – also Hausfrau und Mutter. Und der Mann ist Lehrer …

Obwohl dieses „nie da“ schon ins Herz sticht, bin ich doch froh, ihm zu zeigen, dass Frauen auch beruflich viel unterwegs sein und was Besonderes machen können. Für das Kind sind seine Eltern diejenigen, die ihm vermeintliche Geschlechterrollen vorleben. Also tue ich viel dafür, meinem Kind zu beweisen, dass es auch anders geht.

Skaten nicht bei allen cool

Wir sitzen auf dem Sofa und schauen Videos von coolen Skaterinnen, die springen, flippen, sich drehen, fallen – und wieder aufstehen. Denn erst kürzlich boysplainte mir der Sechsjährige, auf seinem Skaterplatz seien ja eh nur Jungs und Männer. Interessiert schaut er sich das Video an. Dann müssen wir sofort raus. Schützer an, los geht’s!

Auf dem Platz angekommen, setze ich meinen Helm auf und steige zittrig auf mein Board, das seit Jahren im Keller vor sich hin gammelt. Während das Kind gekonnt an mir vorbeidüst, dreht es sich um und ruft: „Mama, manche Frauen können das! Aber du solltest es vielleicht lieber lassen.“

Danke, mein Kind, ich schaue dann mal, was wir heute Abend bestellen.

Ninia LaGrande

Die kleinwüchsige Moderatorin, Autorin und Podcasterin lebt mit Mann und Kind in Hannover. Mit ihrer Arbeit setzt sie sich auch für die Rechte von Menschen mit Behinderungen ein.

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