Immer dann, wenn der Verdacht auf Schwarzarbeit oder illegale Beschäftigung besteht, kommt ihr Einsatz: Die Anlassprüfer der Deutschen Rentenversicherung Nord spüren in Zusammenarbeit mit dem Zoll – der Finanzkontrolle Schwarzarbeit – schwarze Schafe unter Arbeitgebern auf. Damit werden ehrliche Unternehmer und ihre Angestellten vor unlauteren Wettbewerbern geschützt. Denn wer keine Sozialversicherungsbeiträge abführt, kann Leistungen deutlich billiger anbieten. Damit schädigt der Arbeitgeber nicht nur die ehrliche Konkurrenz, sondern auch die Allgemeinheit.
„Überproportional betroffene Branchen sind das Baugewerbe, die Gastronomie, das Reinigungsgewerbe sowie der Transport- und Logistikbereich“, sagt Manfred Peters, Teamleiter Anlassprüfung bei der Deutschen Rentenversicherung Nord. Nicht im Fokus der Rentenversicherung sind Beschäftigte in Privathaushalten – also beispielsweise im Haushalt schwarz bezahlte Pflegekräfte oder Putzhilfen.
Das Unterschlagen von Abgaben und Sozialbeiträgen, um damit den Profit zu steigern, ist kein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat. Dennoch sind Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung in vielen Wirtschaftsbereichen weit verbreitet. Umso wichtiger sind regelmäßige Kontrollen, bei denen solche Missstände aufgedeckt werden.
„Die Tricks der Hinterzieher von Sozialbeiträgen sind vielfältig“, berichtet Peters. Neben der Nichtanmeldung geht es oftmals um die bewusst verkürzte Anmeldung zur Sozialversicherung. Das heißt, es wird eine Teilzeitbeschäftigung angegeben, obwohl die Beschäftigten Vollzeit arbeiten. Das Geld wird also entweder ganz oder teilweise – zusätzlich zum offiziellen Lohn – schwarz ausgezahlt. Häufig sind auch Manipulationen in der Finanzbuchhaltung, unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung und vorsätzliche Scheinselbstständigkeit. Des Öfteren wird auch versucht, den Mindestlohn zu umgehen.
Der Zoll führt im Rahmen der Bekämpfung der Schwarzarbeit unter anderem Stichprobenkontrollen durch. Wenn die Zöllner nach einer solchen nicht angemeldeten Kontrolle Verdacht schöpfen oder ein Strafverfahren eingeleitet haben, wird die Expertise der Rentenversicherung angefragt. Manfred Peters nennt ein Beispiel aus der Praxis: „Die Zöllner treffen auf einer Baustelle einen Arbeiter an, der als selbstständiger Baggerfahrer am Steuer eines Radladers des Bauunternehmens sitzt und kleinteilig vorgegebene Aufträge in einem streng vorgegebenen Zeitrahmen abarbeitet.“ Hier steht der Verdacht der Scheinselbstständigkeit im Raum.
Betriebsprüfung
Die Rentenversicherung prüft, ob Arbeitgeber die Beiträge zur Kranken-, Renten-, Pflege-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung korrekt berechnet und abgeführt haben und ihren gesetzlichen Meldepflichten ordnungsgemäß nachgekommen sind. Diese Aufgabe ist gesetzlich vorgeschrieben. Solche Betriebsprüfungen finden ohne Anlass alle vier Jahre statt. Die Deutsche Rentenversicherung nimmt sich dafür insbesondere die Entgeltunterlagen der Mitarbeiter vor. Alle Beschäftigungs- und Ausbildungsverhältnisse, die innerhalb des Prüfzeitraums bestanden haben oder noch bestehen, werden überprüft. Die Prüfung umfasst auch Entgeltunterlagen der Beschäftigten, für die keine Beiträge gezahlt wurden. Diese reguläre Betriebsprüfung wird vom zuständigen Rentenversicherungsträger vorher angekündigt.
„Viele sind überrascht, dass wir auch lange zurückliegende Zahlungen nachfordern.“
Manfred Peters, Teamleiter Anlassprüfung bei der Deutschen Rentenversicherung Nord
Bei Verdacht: Anlassprüfung
Kommt ein Verdacht auf, dass bei einem bestimmten Betrieb Schwarzarbeit, Scheinselbstständigkeit oder illegale Beschäftigung vorliegen könnte, kommen die Anlassprüfer ins Spiel. „Durch die Durchsuchungen des Zolls im Rahmen der strafrechtlichen Ermittlungen liegen uns Unterlagen vor, die ein normaler Betriebsprüfer nicht bekommt. Das sind im Zweifel die Belege, die ein Arbeitgeber bei einer angemeldeten Prüfung nicht zeigen will“, erläutert Peters. Das können Stundenaufzeichnungen, Abrechnungen oder auch Zeugenaussagen sein.
Die Zusammenarbeit mit den Behörden der Zollverwaltung reicht von einer ersten sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung der festgestellten Sachverhalte durch den Zoll bis hin zu einer gutachterlichen Stellungnahme inklusive der Berechnung des strafrechtlich relevanten Beitragsschadens. „Unsere Gutachten sind dann die Grundlage für das Strafverfahren“, sagt Peters. „Unsere Anlassprüfer arbeiten hier eng mit den Kollegen vom Zoll zusammen. Die Unterlagen kommen digital zu uns ins Haus und werden ausgewertet.“ Die Mitarbeitenden der Rentenversicherung treten dann auch vor den Amts- und Strafgerichten als Zeugen oder Sachverständige auf, um die sozialversicherungsrechtlichen Fragen zu beantworten und die Beitragsberechnung zu erläutern.
Wichtig ist jedoch , dass es neben der Zuarbeit im Strafverfahren immer auch Aufgabe der Anlassprüfer ist, die vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge nachzufordern. „Viele Betroffene sind überrascht, dass wir auch lange zurückliegende Zahlungen nachfordern“, so Peters. Für Strafverfahren gilt eine Verjährungsfrist von fünf Jahren. Bei Vorsatz verjähren Ansprüche der Sozialkassen auf vorenthaltene Beiträge jedoch erst nach 30 Jahren. „Da kommen gelegentlich sehr hohe Summen zusammen.“
2023 wurden durch die Anlassprüfer der Deutschen Rentenversicherung Nord rund 11,5 Millionen Euro Sozialversicherungsbeiträge nachgefordert. In den beiden Vorjahren waren es – bedingt durch die Corona-Pandemie gab es deutlich weniger Kontrollen durch den Zoll – mit circa 5 Millionen Euro deutlich weniger. Im Durchschnitt beträgt die Nachforderung pro Prüfung zwischen 60.000 und 100.000 Euro. Geld, das den Sozialkassen bewusst vorenthalten wurde.
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