Herzgesundheit bei Frauen – ein wichtiges Thema, insbesondere ab den Wechseljahren.
Herzgesundheit bei Frauen – ein wichtiges Thema, insbesondere ab den Wechseljahren.



Frauenherzen schlagen anders

„Männer“, sagt Dr. Melanie Hümmelgen, Kardiologin und Ärztliche Direktorin der Mühlenbergklinik Holsteinische Schweiz in Bad Malente-Gremsmühlen, „erkranken häufiger an der koronaren Herzerkrankung – also an Verkalkungen und Verengungen der Herzkranzgefäße. Sie erleiden damit auch häufiger einen Herzinfarkt.“ Männer entwickeln zudem in der Regel früher im Leben Herzkrankheiten als Frauen.

Was zunächst klingen mag, als seien Frauen klar bevorzugt, zeigt sich auf den zweiten Blick jedoch nicht so eindeutig. „Für Frauen ist der Herzinfarkt gefährlicher, sie versterben häufiger daran“, so die Herzspezialistin.

Dies hat verschiedene Ursache. Die im Körper zirkulierenden Hormone schützen Frauen vor einem frühzeitigen Herzinfarkt, sie haben oftmals niedrigere Blutdruckwerte und bessere Cholesterinwerte. Mit den Wechseljahren und dem veränderten Hormonhaushalt steigt das Risiko jedoch deutlich an. „Frauen haben deshalb in der Regel ein höheres Lebensalter, mit entsprechenden Begleiterkrankungen, wenn erstmals ein Infarkt auftritt“, erläutert Hümmelgen. Folgenschwer sei zudem, dass die Anzeichen für einen Infarkt bei Frauen oftmals falsch interpretiert und somit zu spät erkannt werden. Männer erleben häufig die „klassischen“ Symptome wie starke Brustschmerzen, die in den linken Arm ausstrahlen. „Bei diesen Symptomen denken viele sofort an die Möglichkeit eines Herzinfarktes und rufen umgehend den Notarzt. Und da kann jede Minute Leben retten“, sagt Hümmelgen.

Frauen geben oft Schmerzen im Oberbauch an, Rückenschmerzen, Schmerzen zwischen den Schulterblättern oder in den Schultern. Sie selbst und auch ihre Umwelt ziehen die Möglichkeit eines Herzinfarktes oftmals nicht in Betracht, sondern denken zunächst an orthopädische Probleme oder den Magen-Darm-Trakt – so vergeht wertvolle Zeit bis zur richtigen Diagnose damit bis zur Behandlung. Melanie Hümmelgen betont: „Frauen sehen sich nicht als Risikopatienten für einen Herzinfarkt und das ist fatal. Aber auch wir Ärzte müssen immer wieder daran denken, auch wenn die Symptome nicht so eindeutig und klassisch erscheinen wie bei Männern.“

Die Ursachen für die Unterschiede in den Symptomen zwischen den Geschlechtern sind derzeit noch unklar. „Vielleicht liegt es daran, dass Frauen älter sind als Männer beim Infarkt. Wir erleben auch bei älteren Männern oft, dass sie nicht den klassischen Schmerz in der linken Brustkorbhälfte oder hinter dem Brustkorb angeben“, sagt die Kardiologin. Wichtig sei, dass sowohl die Betroffenen als auch die behandelnden Ärzte bei atypischen Symptomen immer an die Möglichkeit eines Herzinfarktes denken.

„Für Frauen ist der Herzinfarkt gefährlicher, sie versterben häufiger daran.“

Dr. Melanie Hümmelgen, Ärztliche Direktorin an der Mühlenbergklinik

Betrachtet man rein anatomisch die Unterschiede von Frauen- und Männerherzen, dann fällt die unterschiedliche Größe auf. Frauenherzen sind im Durchschnitt kleiner als Männerherzen. „Frauenherzen schlagen anders“, erläutert Melanie Hümmelgen. „Das Herz ist eine Saugpumpe. Es sorgt dafür, dass das Blut im ganzen Körper verteilt wird, vom Kopf bis in die große Zehe.“ Frauen haben ein kleineres Schlagvolumen pro Herzschlag. „Daher muss das Frauenherz häufiger pro Minute schlagen als das Männerherz.“ Das heißt, Frauen haben normalerweise einen etwas höheren Puls.

Studien zeigen, dass gesunde Menschen mit einem niedrigen Ruhepuls länger leben als Menschen mit einem hohen Ruhepuls. „Doch unser Herz geht nicht kaputt durch das Schlagen oder nutzt sich ab“, beruhigt Hümmelgen. Grundsätzlich gilt: Frauenherzen sind etwas steifer als durchschnittliche Männerherzen, wodurch das Entstehen einer sogenannten diastolischen Herzinsuffizienz begünstigt wird. Herzinsuffizienz bedeutet die Unfähigkeit des Herzens, den Körper mit ausreichend Blut zu versorgen. Das kann zwei Ursachen haben: Zum einen die verminderte Kraft, Blut in den Körper auszuwerfen  – das ist die systolische Herzinsuffizienz, die häufiger bei Männern auftritt. Oder zum anderen durch eine unzureichende Entspannung, um als Saugpumpe wieder Blut in den Herzmuskel einströmen zu lassen – das ist die diastolische Herzinsuffizienz, die häufiger bei Frauen  vorkommt. Insbesondere Frauen, die an Bluthochdruck leiden, sind hiervon betroffen.

Nach einem Herzinfarkt oder einem Schlaganfall wird den Patientinnen und Patienten bereits im Krankhaus eine Rehabilitation empfohlen. „Doch so weit muss es nicht erst kommen, um unsere Angebote in den Rehakliniken nutzen zu können“, appelliert Melanie Hümmelgen. Besteht ein ausgeprägtes Risikoprofil, sei es viel sinnvoller, frühzeitig und präventiv etwas zu tun. „Niemand sollte warten, bis ein schwerwiegendes Ereignis eingetreten ist“, sagt die Chefärztin. Gerade die Deutsche Rentenversicherung ermögliche sehr wirksame Rehabilitationsangebote, die teilweise noch zu wenig genutzt werden. 

Angebote für betroffene Frauen liegen dabei Melanie Hümmelgen besonders am Herzen. „Uns fällt auf, dass Frauen insgesamt Rehaangebote seltener nutzen als Männer – das finde ich sehr traurig und möchte ich gerne ändern.“ In der Mühlenbergklinik diskutiert die Ärztliche Direktorin mit ihrem Team deshalb gerade spezifische Rehabilitationsangebote für Frauen.

Zu den Angeboten der Rentenversicherung:
www.rehahateinzuhause.de