Lang lebe Mama!

Unsere Kolumnistin träumt von ihrem 120. Geburtstag. Entschuldigung, riecht es da etwa nach Grillfleisch, Steaks womöglich?

Illustration von eine Schokoladen-Torte mit sehr vielen Kerzen, auf der eine muskulöse Frau ein Gewicht stemmt.
Darum sollten Sie diesen Artikel lesen:
  • Dieser Artikel ist ein humorvoller und nachdenklicher Blick auf den Trend der Langlebigkeit. Er regt dazu an, über das eigene Leben, Gesundheit und die Zukunft nachzudenken – mit einer Mischung aus witzigen Träumen und realistischen Überlegungen.
Text: Ninia LaGrande
Prävention
01/2025

Familien-Kolumne

Für mich bist du mit 41 alt, Mama.“ Das Kind hat mich extra an sein Bett gerufen, um mir diesen freundlichen Einschlafgedanken mitzugeben. Ich wünsche eine gute Nacht. Zurück auf dem Sofa schaue ich den Mann an. „Warum starrst du mich so an?“, fragt er verwirrt. „Fühlst du dich alt?“, frage ich. Er antwortet nicht. Stattdessen erklärt die Moderatorin im Fernsehen einen neuen Trend: Longevity. Ja, auch sie stolpert über das Wort. Es bedeutet Langlebigkeit. Es ist modern, möglichst lange zu leben – und dabei gesund und fit zu bleiben. Plötzlich will ich es Kind und Mann beweisen. Ich bin mir sicher: Langlebigkeit, das wird mein Ding!

Wir schreiben das Jahr 2103. Ich feiere meinen 120. Geburtstag. Seit 80 Jahren habe ich Fast-Food-Restaurants nicht von innen gesehen. Eine Software überwacht meinen Schlafrhythmus. Ich weiß nicht nur, was Telomere sind, also die Schutzkappen an den Enden der Chromoso-men, ich kenne auch die Länge meiner eigenen.

Der Mann ist für seine 118 Jahre recht eingerostet. Kürzlich musste ich unsere jährliche Wanderung auf das Matterhorn allein durchziehen. Seine Knie. Ich will gerade auf das Laufband, da ist das Kind, junge 86, am Telefon: „Und, was macht ihr Schönes?“ Festen Schrittes bewältige ich die morgendlichen fünf Kilometer, trinke mein lauwarmes Wasser mit einem Spritzer Apfelessig und schlucke die Supplements. „Ach, Schatz, ich weiß nicht. Ich habe alles gesehen“, seufze ich.

Das Kind verspricht, direkt eine Drohne mit einem guten Buch loszuschicken. Ich gehe in den Garten, bewusst frische Luft atmen. Von der Terrasse des neuen Nachbarn wabert plötzlich ein Duft herüber, den ich gut verdrängt, ja, fast vergessen hatte. Meine Beine tragen mich direkt zum Zaun. Drüben steht ein großer Grill, der mit seinen automatisierten Greifarmen frische Steaks auf den Rost legt, dreht und gegrillt auf einen Teller stapelt.

Davor sitzt ein Mann. Er lächelt mit geschlossenen Augen in die Sonne. „Hallo?“, flüstere ich. „Ach, hallo!“ Er springt auf und schaut mich fröhlich an. „Ich bin der Neue!“ „Was ... was, was ist das?“ Ich zeige auf den Grill. „Fleisch! Ab und an gönne ich es mir. Wollen Sie rüberkommen? Sie sind herzlich eingeladen!“ „Ich habe heute Geburtstag“, stottere ich, „ich habe sicher seit Jahrzehnten kein Fleisch mehr gegessen.“ „Na, dann erst recht!“, ruft der Nachbar. Viele Stunden später liege ich das erste Mal seit Jahrzehnten übersättigt und angetrunken auf einer Chaiselongue und unser Nachbar schenkt noch mal ein: „Longevity?“, ruft er laut, „die Leute folgten witzigen Trends Anfang der 2020er. Und hat es sich gelohnt?“ „Natürlich“, lache ich und hebe mein Glas, „für diesen Geburtstag schon!“

Dann wache ich auf. Neben mir liegt der Mann, mit frischen 39. Ich reibe mir die Augen. Vielleicht hatte die Moderatorin im Fernsehen recht? Auf dem Weg in die Küche knacken meine Knie. Draußen ist es noch dunkel, während ich den Apfelessig suche.

Ninia LaGrande

Lächelndes Porträtfoto von Ninia LaGrande.
Ninia LaGrande

Die kleinwüchsige Moderatorin, Autorin und Podcasterin lebt mit Mann und Kind in Hannover. Mit ihrer Arbeit setzt sie sich auch für die Rechte von Menschen mit Behinderungen ein.

Ninia auf Instagram:
@ninialagrande

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