Hilfe in der Zwischenzeit
Das Modellprojekt BRÜCKE schließt eine Versorgungslücke bei Patientinnen und Patienten während der Wartezeit auf einen Psychotherapie-Platz.

Lesen Sie diesen Artikel, um zu erfahren, wie das Modellprojekt BRÜCKE die Versorgungslücke schließt, während Patienten auf einen Psychotherapie-Platz warten.
Seit der Corona-Pandemie haben psychische Erkrankungen in Deutschland verstärkt zugenommen. Auch die Zahl der Tage der Arbeitsunfähigkeit bei Arbeitnehmern ist 2024 stark angestiegen. Die häufigsten Erkrankungen sind Angststörungen, affektive Störungen, wozu Depressionen gehören, und Suchterkrankungen. Die Wartezeiten auf einen Therapieplatz gestalten die Behandlung psychischer Erkrankungen schwierig: 40 Prozent der Patientinnen und Patienten warten drei bis neun Monate auf einen Behandlungsplatz und sind bei der Suche mit den individuellen Belastungen auf sich alleine gestellt. Dies kann zur Chronifizierung der Krankheit führen und hat einen negativen Einfluss auf die berufliche Wiedereingliederung.
Hier setzt das vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales geförderte rehapro-Modellprojekt BRÜCKE an. Es wird durch die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (DRV KBS) koordiniert und zusammen mit der Charité Berlin sowie der Paul-Ehrlich-Klinik in Bad Homburg, der KNAPPSCHAFT, den Dienststellen des Sozialmedizinischen Dienstes und dem Netzwerk prosper /proGesund umgesetzt.
Ziel des Projektes ist es, die Versorgungslücke im Bereich der Psychotherapie zu schließen. „Im Rahmen des Projektes werden die Patientinnen und Patienten überbrückend psychotherapeutisch begleitet, während sie auf einen ambulanten Therapieplatz warten. Zielgruppe sind Patienten und Patientinnen, die eine Psychotherapie benötigen, aber keinen freien Platz finden“, erklärt Detlef Schmidt, stellvertretender Abteilungsleiter Rehabilitation der DRV KBS. Behandelt werden psychische Symptomatiken wie affektive Störungen, Angststörungen, Zwangsstörungen und Belastungs- und Erschöpfungssymptomatiken.
40 %
der Patientinnen und Patienten warten drei bis neun Monate auf einen Therapieplatz.
Frühzeitige Behandlung ist wichtig
Ziel des Projekts ist die Unterstützung für Patientinnen und Patienten, die einer psychotherapeutischen Versorgung bedürfen, aber am Heimatort in absehbarer Zeit keine ambulante Behandlung erhalten und damit ein hohes Risiko in sich tragen, langfristig zu erkranken und aus dem Berufsleben auszuscheiden. Bei frühzeitiger Behandlung können viele Störungsbilder abgemildert werden, sodass es nicht zum klinischen Vollbild der psychischen Störung oder deren Chronifizierung kommt – Alltagsbewältigung, Lebensqualität und Arbeitsfähigkeit der Patienten bleiben erhalten.
Das Projekt soll das psychische Befinden verbessern, die Motivation zu einer Therapie aufrechterhalten, das Selbstmanagement der Erkrankung fördern und den Therapiebedarf feststellen. Die Patienten und Patientinnen erhalten dabei eine adäquate überbrückende Behandlung, wodurch die Erfolgsaussichten bei einer anschließenden Psychotherapie steigen, wie auch bei einer psychosomatischen Reha, sollte diese später noch einmal notwendig werden. Durch die überbrückende Unterstützung können die Beantragungen von Erwerbsminderungsrenten reduziert werden. BRÜCKE soll jedoch keine Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung ersetzen, sondern diese ergänzen.
Ablauf und Nachbetreuung
Ist ein Versicherter oder eine Versicherte längere Zeit arbeitsunfähig oder zeigt unabhängig davon Symptome einer psychischen Erkrankung, kontaktiert ihn oder sie telefonisch entweder ein Team von der KNAPPSCHAFT oder des prosper/ proGesund-Netzwerks im Rahmen eines Termins und stellt das Projekt vor. Durch den Sozialmedizinischen Dienst oder die Ärzte des Netzwerkes wird der Bedarf abgeklärt und die Eignung für das Projekt BRÜCKE anhand der Diagnostik durch einen maßgeschneiderten Leitfaden geprüft. Danach wird der oder die Versicherte beim Beantragen der Projektteilnahme unterstützt.
Die Behandlung beginnt mit einem zweiwöchigen stationären Aufenthalt in der Paul-Ehrlich-Klinik. Hier stehen der Beziehungsaufbau zwischen den Patienten und ihrem Bezugstherapeuten sowie eine evidenzbasierte Diagnostik im Vordergrund. Zudem werden im Rahmen von Gruppenangeboten wichtige Konzepte (Stressbewältigung, Aufbau von Ressourcen, Entspannung, Achtsamkeit) psychoedukativ vermittelt und geübt. Darüber hinaus nehmen die Teilnehmer am Sport- und Bewegungsprogramm der Klinik teil. Fortgesetzt wird die Behandlung in einer maximal sechsmonatigen digitalen Nachbetreuung, die in Form von wöchentlichen Videosprechstunden stattfindet. Die Patienten und Patientinnen werden angeleitet, die im Klinikaufenthalt erlernten Fähigkeiten im Alltag anzuwenden und die eigenen Ressourcen zu entdecken und zu aktivieren. Weiterhin werden sie bei der Suche nach einem ambulanten Therapieplatz unterstützt.
Das Projekt BRÜCKE ist in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Hessen vertreten.