Unsterblich geworden?

Der todkranke Berliner Technologiemanager Michael Bommer ließ einen KI-Zwilling von sich erstellen. Lebt sein Geist darin tatsächlich weiter? Unser Autor hat sich auf die Suche nach der Antwort begeben.

Michael Bommer sitzt mit vielen Kissen auf einem Sofa und spricht in ein Mikrofon.
Darum sollten Sie diesen Artikel lesen:
  • Der Artikel beleuchtet, ob Künstliche Intelligenz unser Bewusstsein nach dem Tod weitertragen kann. Am Beispiel von Michael Bommer zeigt er die Chancen und ethischen Fragen digitaler Zwillinge – eine spannende Reflexion über Unsterblichkeit und Technologie.
Text: Hilmar Poganatz
Prävention
01/2025

Lebte da in Berlin ein Mensch, der nie sterben würde? Als ich im Mai vergangenen Jahres die Geschichte von Michael Bommer hörte, wurde ich hellhörig. Mein Journalisten-Kollege Juan Moreno sprach im „Spiegel“-Podcast mit einem Technologiemanager und Investor, der im Sterben lag. Bommer hatte Darmkrebs im Endstadium, vibrierte aber vor Energie, beflügelt von dem Wissen, dass er seiner Frau, seinen vier Kindern und sechs Enkeln etwas ganz Besonderes hinterlassen würde: eine mit seinen eigenen Geschichten gefütterte künstliche Intelligenz, die mit seiner eigenen Stimme sprechen würde – quasi einen digitalen Zwilling von sich selbst.

Nur wenige Monate später war der 61-Jährige gestorben. Nicht, ohne zuvor einer Menge Medien erzählt zu haben, wie er Robert LoCascio von seiner fatalen Diagnose erzählt hatte und wie sein Freund und ehemaliger Arbeitgeber zufällig einen Ausweg parat hatte: Der kalifornische Technologieunternehmer arbeitete gerade an einer neuen „Vermächtnis-KI“ namens Eternos, die dafür sorgen soll, dass Menschen über ihren Tod hinaus ansprechbar bleiben. Bommers Frau würde ihn also weiter fragen können, wenn sie ein technisches Problem hätte, und die Enkel könnten von „ihm“ erfahren, wie seine schwierige Kindheit verlaufen ist. Eine Art sprechendes Fotoalbum. Der Sterbende war begeistert und schloss den „Pakt mit der Ewigkeit“.

Michael Bommer habe ich nicht mehr interviewen können. Umso mehr wollte ich mit seinem Geist in der Maschine sprechen. Doch so laut der Lebende für die KI geworben hatte, so still blieb der KI-Anbieter nun auf meine Anfrage. Natürlich würde die Familie in Trauer sein, allerdings war es dem Bommer aus Fleisch und Blut sehr wichtig gewesen, für Öffentlichkeit zu sorgen. Was also würde nun sein konstruiertes Abbild wollen? Wie ähnlich war die Bommer- KI Bommer? Oder war alles nur eine Ente? Im Podcast hatte ich seine KI-Stimme gehört, sie klang fast echt, ich hatte aber auch erfahren, dass die KI nicht nur Bommers Wissen abrufen kann, sondern sich zusätzlich aus dem Wissen des Internets bedient, zumindest in ausgewählten Bereichen. Lebte da also wirklich jemand ewig, oder war das nur ein Chatbot mit angepasster Stimme? Was blieb, waren: Zweifel.

Zerstreuen konnte sie – in Teilen – Robert LoCascio, Gründer und Geschäftsführer von Eternos. Aus Kalifornien erklärte er mir per Videocall, dass Bommers Witwe die KI in ihrer Trauer bislang selbst noch nicht wieder eingeschaltet habe. Bald aber würde ein Interview mit Bommers Vermächtnis möglich sein. Das letzte Mal, dass LoCascio mit der Bommer- KI sprach, war kurz nach Bommers Tod. „Da war ich neugierig“, erzählt LoCascio, sodass er die KI fragte: „Steckt da ein Geist in der Maschine, lebt Michael in dir weiter?“ Und die KI habe geantwortet: „Nein, ich bin eine Maschine, eine KI. Und auch wenn Michael mich erschaffen hat, so lebt er doch nicht in mir fort.“ Und damit hatte ich endlich die Antwort erhalten auf meine Frage, ob es da einen Menschen gab, der ewig weiterleben würde.

Info

Digitales Weiterleben

Mit der KI ist das digitale Weiterleben erstmals interaktiv. Experten befürchten, dass die Trauernden dadurch schwerer abschließen könnten.

Weitere Informationen:
www.eternos.life

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