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Eigentlich wollen sie ja aufhören

Tabakabhängigkeit ist oft eng mit psychischen Belastungen verknüpft. Männer sind stärker betroffen als Frauen. In ausgewählten Rehakliniken der Deutschen Rentenversicherung können Raucher an einer Nikotinentwöhnung teilnehmen.

Eine brennende Zigarette mit weißem Rauch vor einfarbig blauem Hintergrund. Die Zigarette befindet sich im rechten Bildbereich, während der Rauch nach oben aufsteigt und sich im Bild verteilt.
Darum sollten Sie diesen Artikel lesen:

Erfahren Sie, wie Rehakliniken der Deutschen Rentenversicherung Raucherinnen und Rauchern ohne Druck und mit psychologischer Begleitung beim Ausstieg helfen – für mehr Gesundheit, seelische Stärke und finanzielle Entlastung.

Text: Anke Kotte
Reha
03/2025

Wer als Raucher wegen psychosomatischer Erkrankungen in das idyllisch gelegene Reha-Zentrum Hüttenbühl am Rande des Schwarzwalds kommt, lernt bald Petra Jankowski kennen. Denn bei ihr pustet man ins Röhrchen. Damit bestimmt die medizinische Fachangestellte den Kohlenmonoxidgehalt in der Atemluft. Bei Rauchern liegt er oft doppelt so hoch wie die von der EU-Kommission tolerierte Schadstoffbelastung in Städten – und das beim Ausatmen. „Das überrascht die Patienten und so kommen wir ins Gespräch”, sagt Petra Jankowski. Sie leitet die Nichtraucherseminare in der Klinik in Bad Dürrheim. Die Kurse sind offen für jedes Geschlecht, Männer sind allerdings statistisch gesehen häufiger betroffen. Laut Bundesgesundheitsministerium rauchen gut 23 Prozent aller Männer, bei den Frauen sind es lediglich 17 Prozent.

Porträt eines älteren Mannes mit grauen Haaren und Brille, der in die Kamera lächelt. Er trägt ein beigefarbenes Sakko über einem schwarzen Hemd. An seinem Revers ist ein Namensschild befestigt, das auf seine Funktion in einer medizinischen Einrichtung hinweist.

„Die Rehabili‑ tanden erkennen, womit sie sich schaden. Oft sind das auch Zigaretten.“

Dr. Harald Schickedanz,
Ärztlicher Direktor im Reha-Zentrum Bad Dürrheim Klinik Hüttenbühl der Deutschen Rentenversicherung

„Die Patienten kommen wegen psychosomatischer Beschwerden zu uns. Wenn sie an den Seminaren teilnehmen, sehen sie den Aufenthalt auch als Chance, vom Nikotin wegzukommen. Sie machen das für sich“, sagt Jankowski. Diese Freiwilligkeit nimmt den Teilnehmern viel Druck. „Wir sprechen eine Einladung aus. Wer sich für das Programm entscheidet, bringt eine entsprechende Bereitschaft mit, etwas verändern zu wollen. Das ist auch in der Gruppe zu spüren“, sagt der Ärztliche Direktor der Klinik, Dr. Harald Schickedanz. Aber nicht immer ist der Zeitpunkt reif für den Rauchstopp. „Wenn jemand im Verlauf doch aussteigt, ist das okay. Es ist seine freie Entscheidung.“

Entwöhnung ohne Druck

Grundsätzlich werden in Reha-Einrichtungen nur die Folgeerkrankungen des Tabakkonsums behandelt. Aber mehrere Kliniken der Deutschen Rentenversicherung sind Teil des Programms „rauchfrei plus“ des Deutschen Netzes Rauchfreier Krankenhäuser & Gesundheitseinrichtungen e. V. (DNRfK). Sie haben zusätzlich eine gezielte Nikotinentwöhnung etabliert (siehe Kasten).

Innenhof einer modernen Rehaklinik mit rechteckigem Wasserbecken, in dem runde, bunt bemalte Trittsteine schwimmen. In der Mitte wachsen hohe Schilfpflanzen. Links steht ein flaches Gebäude mit großen Fenstern, rechts eine Holzbank neben einem gepflasterten Weg. Der Himmel ist blau mit einzelnen Wolken.

Die Angebote zum Rauchstopp orientieren sich an internationalen Standards. Die teilnehmenden Patienten werden gezielt beraten und begleitet. Dazu gehört neben den Informationen zum Tabakkonsum die Teilnahme an einem Nichtrauchertraining. „Das Training besteht aus vier Einheiten. Auch hier gibt es keinen Druck. Wir informieren, erklären den Unterschied zwischen Verlangen und Sucht, teilen bewährte Fertigkeiten, um das Verlangen auszutricksen”, erklärt Petra Jankowski. Was sie in der Runde der 14 Frauen und Männer so glaubwürdig macht: Sie hat selbst jahrelang geraucht und mehrere Anläufe genommen, um endgültig aufzuhören. Sie kennt die Stimmen im Kopf, wenn sich die Lust auf eine Zigarette anschleicht …

143.000

Menschen sterben in Deutschland jährlich an den Folgen des Tabakkonsums. 

Quelle: Statista, 2024

In der Runde öffnen sich die Teilnehmer nach und nach. Denn was vor 20, 30 Jahren als Spaß und Genuss wahrgenommen wurde, empfinden viele längst als Last. Sie erfahren, dass nach zwölf Stunden ohne Tabak wieder mehr Sauerstoff im Blut ist und das Energielevel steigt. Nach 48 Stunden verbessert sich der Geruchs- und Geschmackssinn. Nach zwei Wochen geht es mit der Fitness wieder aufwärts. Auch Geld spielt eine Rolle. Aktuell liegt der Preis für eine Schachtel Zigaretten in Deutschland bei durchschnittlich acht Euro. Das summiert sich.

56 %

der Klinikaufenthalte wegen Rauchens gehen auf das Konto von Männern. Der Frauenanteil steigt allerdings.
 

Quelle: Der Bundesdrogenbeauftragte, 2022

Die Rehabilitanden kommen nicht vorrangig wegen des Rauchens in die Klinik. Deshalb findet es Dr. Schickedanz wichtig, mit einem Vorurteil aufzuräumen: „Es gibt die etwas veraltete Vorstellung – oft von Betroffenen geteilt –, dass man psychische Probleme und kompensatorische Schemata, wie zum Beispiel Sucht, nicht gemeinsam behandeln könnte. Wir versuchen, mit den Patienten so zu arbeiten, dass es bei der psychischen Stabilisierung in erster Linie darauf ankommt, selbstschädigende Verhaltensweisen zu erkennen, anzuerkennen und zu stoppen.“ Denn wer als Rehabilitand einen anderen Weg finde, mit schlechten Gefühlen umzugehen, brauche diese selbstschädigenden Verhaltensweisen nicht: „Das ist der psychotherapeutische Ansatz in unserem Angebot.“

In Bad Dürrheim finden sich immer wieder Menschen, die ihre Verhaltensweisen aus freien Stücken verändern. Und manchmal bekommt der Internist Schickedanz eine Postkarte – mit der Nachricht, dass ein ehemaliger Rehabilitand seit Jahren rauchfrei lebt.

Informationen

Grundsätzlich behandeln Reha-Einrichtungen nur die Folgeerkrankungen des Tabakkonsums. Mehrere Kliniken der Rentenversicherung haben jedoch zusätzlich eine gezielte Nikotinentwöhnung etabliert, beispielsweise:

Klinik Hüttenbühl in Bad Dürrheim: t1p.de/huettenbuehl 

Klinik Schwarzwald in Schömberg: t1p.de/schoemberg 

Reha-Zentrum Utersum auf Föhr: t1p.de/utersum

Informationen zu den Auswirkungen von
Tabak und Tipps zum Aufhören finden
Betroffene oder Angehörige unter:
www.rauchfrei-info.de

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