Überall schnell im Einsatz
Jedes Jahr sorgen Tausende Beschäftigte aus dem Ausland für eine zügige Ernte saisonaler Produkte. Die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg hat im Blick, dass bei den Saisonkräften sozialversicherungsrechtlich alles passt.
Der Artikel ist lesenswert, weil er zeigt, wie wichtig die korrekte sozialversicherungsrechtliche Einordnung von Saisonarbeitskräften ist. Er erklärt, welche Regeln Arbeitgeber beachten müssen, damit Beiträge zur Rentenversicherung richtig abgeführt werden und Fehler oder Nachzahlungen vermieden werden.
Die Äpfel im Spätsommer, bald darauf folgt der Wein, und im nächsten Frühjahr freuen sich die Verbraucherinnen und Verbraucher wieder auf leckeren Spargel und süße Erdbeeren – am besten vom Hof aus der Region. Fast das ganze Jahr über stehen saisonale Obst- und Gemüsesorten zur Ernte an, die als sogenannte Sonderkulturen besonders arbeitsintensiv gelten: wertvolle Produkte, die mit viel Handarbeit und Körpereinsatz schnellstens vom Feld auf den Markt oder in die Weiterverarbeitung kommen müssen. Die hiesige Landwirtschaft setzt für diese Arbeitsspitzen vor allem auf Saisonarbeitskräfte aus dem Ausland.
Für die Arbeitgeber heißt es dann genau hinzuschauen, ob Sozialversicherungsbeiträge für die Beschäftigten fällig werden. „Das kommt immer auf den Einzelfall an“, sagt Daniela Fiedler von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg (DRV BW). Sie ist Leiterin des Prüfteams Heilbronn und weiß genau, worauf bei der Beurteilung zu achten ist. „Für EU-Bürgerinnen und -Bürger etwa gilt: Kurzfristige Beschäftigungen von nicht mehr als insgesamt 70 Tagen beziehungsweise drei Monaten im Jahr können in Deutschland versicherungsfrei sein“, erläutert Fiedler. „Allerdings nur, wenn unter anderem die Beschäftigung nicht berufsmäßig ausgeübt wird und somit nur von unter geordneter wirtschaftlicher Bedeutung für den Mitarbeitenden ist.“ Welchen Status also haben die Saisonkräfte in ihrem Herkunftsland – Angestellter, Studentin, Rentnerin oder vielleicht Hausmann? Ist die Arbeit auf deutschen Feldern das einzige Einkommen? „Je nach Status werden die Beschäftigten nach den Rechtsvorschriften in ihrer Heimat beurteilt und eventuelle Beiträge werden dort fällig. Oder das deutsche Sozialversicherungsrecht kommt zur Anwendung“, erklärt Daniela Fiedler.
Umfassend informiert
Um alle Faktoren, die für eine sozialversicherungsrechtliche Einordnung relevant sind, richtig beurteilen zu können, unterstützt die DRV BW die Arbeitgeber aus Gemüse-, Obst- und Weinbau, beispielsweise durch die Besprechung des konkreten Falls im Rahmen der Betriebsprüfung. Aber auch durch die Teilnahme an Fachveranstaltungen für die Branche, etwa wenn das baden-württembergische Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR) zum Erfahrungsaustausch zum Thema Saisonarbeitskräfte mit landwirtschaftlichen Verbänden einlädt. „Wir stehen bei diesen Gelegenheiten gerne für Fragen zur Verfügung und erfahren zugleich aus erster Hand, was die Betriebe beschäftigt und wie wir als Behörde den Arbeitgebern zur Seite stehen können“, sagt Daniela Fiedler. Wie sollten die Fragebögen für die Erntehelferinnen und -helfer aussehen, welche Nachweise sind den Unterlagen beizufügen? Wichtige Details, die Fehler schon bei der Meldung und damit drohende Nachzahlungen vermeiden helfen sollen.
„Über die Selbstverwaltung können wir die Sicht der Kleinbetriebe einbringen.“
Nicole Spieß, Geschäftsführerin des Gesamtverbands der deutschen Land- und Forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbände e. V. und stellvertretendes Vorstandsmitglied der DRV BW.
Die Landwirtschaft bringt sich ein
„Baden-Württemberg ist nicht nur eine Region mit starkem Mittelstand und Hightech-Unternehmen, sondern auch durch den Anbau von Obst, Gemüse und Wein geprägt. Dieser erfolgt zumeist in landwirtschaftlichen Familienbetrieben – ohne Personal- und Lohnabteilung“, weiß Nicole Spieß, Geschäftsführerin des Gesamtverbands der deutschen Land- und Forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbände, und fügt an: „Die Einstellung und sozialrechtliche Beurteilung der meist weder Deutsch noch Englisch sprechenden Saisonkräfte ist da eine echte Herausforderung.“ Die Perspektive dieser Kleinbetriebe will Nicole Spieß über ihre ehrenamtliche Tätigkeit als stellvertretendes Mitglied des Vorstands der DRV BW einbringen, in dem zu gleichen Teilen Vertreterinnen und Vertreter der Arbeitgeber sowie der Versicherten über die Geschicke des Rentenversicherungsträgers mitbestimmen.
Eine passgenaue Beratung für die Branche ist wichtig, betont Nicole Spieß. „Viele Landwirtschaftsverbände unterstützen ihre Mitglieder mit eigenen Lohnbuchhaltungs- und Steuerbüros“, sagt sie. „Deren Mitarbeitende besuchen zum Beispiel die Arbeitgeber-Seminare der gesetzlichen Rentenversicherung, um auf dem Laufenden zu bleiben.“ Angeboten werden die Seminare mehrmals im Jahr, in den Regionalzentren und auch online (siehe Infokasten auf Seite 16).
Übrigens: Selbstständige Landwirtinnen und Landwirte sowie deren mitarbeitende Familienangehörige haben mit der Landwirtschaftlichen Alterskasse eine eigene Pflichtversicherung. „Viele von ihnen aber nutzen die Möglichkeit, sich zusätzlich freiwillig in der Deutschen Rentenversicherung abzusichern“, sagt Nicole Spieß. Für die Angestellten auf den Höfen ist wiederum regulär die DRV zuständig, die mit ihren Reha- und Präventionsangeboten den Betrieben dabei hilft, ihre Beschäftigten in ihren meist körperlich anspruchsvollen Jobs möglichst lange gesund und fit zu halten.