Zwischen den Kulturen
Erwerbsbiografien werden immer internationaler. Die Deutsche Rentenversicherung Nordbayern begleitet diese Entwicklung mit speziellen Beratungstagen im In- und Ausland.
Der Artikel ist lesenswert, weil er zeigt, wie die Deutsche Rentenversicherung internationale Beratung organisiert, um Versicherten mit grenzüberschreitenden Versicherungszeiten zu helfen. Er verdeutlicht auch, welchen Aufwand und welche Bedeutung diese Arbeit für die Rentenberechtigten hat.
An eine Begegnung erinnert sich Thomas Bausch besonders gern. Bausch ist Leitender Referent bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Nordbayern. Er reist regelmäßig nach Portugal. Vor Ort, meistens in Lissabon oder Porto, beraten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der DRV Nordbayern mehrere Tage lang Versicherte, die in Portugal und / oder in Deutschland Versicherungszeiten erworben haben und Fragen rund um ihre Rente haben. „Einmal fanden die Beratungstage im Goethe-Institut statt, weil das Gebäude der örtlichen Rentenversicherung renoviert wurde. Ein älterer Herr kam zu mir und erzählte, er sei ein paar Häuser weiter der Hausherr gewesen.“ Es stellte sich heraus: Bausch beriet einen ehemaligen deutschen Botschafter – aber nicht der Bundesrepublik, sondern der DDR!
Solche Begegnungen machen die Würze in der internationalen Arbeit aus. Seit 1999 ist Bausch bei der DRV Nordbayern zuständig für Portugal. Der Rentenversicherungsträger fungiert für dieses Land als sogenannte Verbindungsstelle für die Versicherten, die dort Versicherungszeiten haben oder dort wohnen – ebenso für Brasilien, die Republik Moldau, Rumänien und die Türkei. „Für alle Länder, mit denen Deutschland ein Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen hat, ist jeweils ein Regionalträger der Deutschen Rentenversicherung zuständig. Zusätzlich ist die DRV Bund für alle Länder auch immer Verbindungsstelle“, erläutert Bernhard Fink, der das Dienstleistungszentrum der DRV Nordbayern in Nürnberg leitet.
Für das Nachbarland Österreich ist die Deutsche Rentenversicherung Bayern Süd zuständig. Für Italien ist das die DRV Schwaben. Diese beiden Länder erwähnt Fink deshalb, weil das Dienstleistungszentrum in Nürnberg im vergangenen Sommer für jene Länder Gastgeber für internationale Beratungstage war. Das ist das deutsche Pendant für das, was Bausch in Portugal macht: Zwei Tage lang ließen sich in Nürnberg rund 200 Versicherte zu ihren internationalen Versicherungszeiten beraten. Von den Verbindungsstellen Bayern Süd und Schwaben reisten Berater an, von der DRV Bund aus Berlin, von den Rentenversicherungen der Partnerländer Italien und Österreich – und zwei Übersetzer. „Internationale Beratungstage sind eine enorme logistische Herausforderung“, sagt Fink. Im Vorfeld müssen Termine koordiniert, der Platz bereitgestellt und die Kollegen aus dem In- und Ausland untergebracht werden. „Aber der Aufwand lohnt auf jeden Fall“, so Fink. „Denn die Nachfrage wächst.“
„Internationale Beratungstage sind eine enorme logistische Herausforderung.“
Bernhard Fink, Leiter Dienstleistungszentrum Nürnberg, DRV Nordbayern
Arbeiten im Ausland
Erwerbsbiografien werden immer internationaler. Die Entwicklung begann im großen Stil in den 1960er-Jahren, als sogenannte Gastarbeiter aus Ländern wie Italien, Spanien, Griechenland und der Türkei angeworben wurden, um in der deutschen Industrie zu arbeiten. Sie erwarben in dieser Zeit Rentenansprüche, die ihnen zustanden, auch wenn sie längst in die alte Heimat zurückgekehrt waren. Umgekehrt arbeiten immer mehr Deutsche im Ausland oder verbringen ihren Ruhestand dort. Alle diese Menschen brauchen kompetente Beratung und die Sicherheit, dass ihre sozialen Rechte gewahrt bleiben. Diese Sicherheit gewährleistet innerhalb der Europäischen Union eine rentenrechtliche Verordnung. Außerhalb der EU regeln internationale Sozialversicherungsabkommen zwischen Staaten, welche Sozialversicherung für eine Person im Falle eines Auslandsaufenthalts gilt. Sie verhindern Doppelversicherungen und gewährleisten, dass Ansprüche nicht verloren gehen.
Vor 60 Jahren, am 1. November 1965, wurde zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei das Sozialversicherungsabkommen geschlossen – aufgrund der zunehmenden Arbeitsmigration von türkischen Arbeitskräften nach Deutschland. So viele Jahre später ist das Thema in den Hintergrund gerückt. „Ehemalige Gastarbeiter kommen selten in meine Beratungen“, erzählt Monika Brich. Sie ist wie Thomas Bausch Leitende Referentin bei der DRV Nordbayern, zuständig für die Türkei und reist regelmäßig zu internationalen Beratungstagen nach Istanbul, aber auch in andere Orte, bis ins ferne Kappadokien. „Häufig kommen junge Menschen in meine Beratung, die in internationalen Jobs arbeiten und wissen wollen, welche Rentenansprüche sie in Deutschland erworben haben.“
Monika Brich hat vor drei Jahren mit den deutsch-türkischen Beratungen begonnen, ihre Kollegen auf der türkischen Seite kennt sie alle. Sie habe auf ihren Reisen den kulturellen Reichtum der Türkei schätzen gelernt, sagt sie. „Wir hatten nach der Arbeit immer noch ein bisschen Zeit, Sehenswürdigkeiten vor Ort anzuschauen“, erzählt sie. „War das örtliche Museum dann bereits geschlossen, fanden die Kollegen vor Ort häufig Mittel und Wege, den Schlüssel aufzutreiben.“ In solchen Momenten vergisst Monika Brich die Mühen des Tages – die vielen konzentrierten Arbeitsstunden und den Spagat zwischen verschiedenen Sprachen, die solche Beratungstage mit sich bringen.
Informationen
Infos zu den Verbindungsstellen:
Die Deutsche Rentenversicherung Nordbayern ist Ansprechpartner für die Versicherten, die auch in Brasilien, Portugal, der Republik Moldau, Rumänien und der Türkei Versicherungszeiten zurückgelegt haben oder dort wohnen. Hier der Kontakt zu den jeweiligen Verbindungsstellen:
60 Jahre Sozialversicherungsabkommen Türkei – Bundesrepublik Deutschland
Das deutsch-türkische Sozialversicherungsabkommen trat am 1. November 1965 in Kraft. Es regelt die Rechte und Pflichten der türkischen Staatsangehörigen, die in Deutschland gearbeitet haben und hier Rentenansprüche erworben haben. Das Abkommen beinhaltet Regelungen für die Rentenversicherung, Krankenversicherung, Unfallversicherung und Kindergeld für Arbeitnehmer.
Mehr Infos zur Rente im Ausland: